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Airport Zurich in Indien Flughafen bei Delhi in der Kritik

Mittendrin: der Airport Zurich. Er betreibt das Prestigeprojekt von Uttar Pradesh. Wenig Freude zeigen lokale Bauern.

Putzwagen fahren kreuz und quer durch die noch leere Abflughalle, um den Staub von den Bodenplatten zu wischen. Überall werkeln Bauarbeiter herum. «Wir bauen noch überall und an alles Enden unter Hochdruck», sagt Flughafenchef Christoph Schnellmann.

Mann in Abflughalle.
Legende: Christoph Schnellmann leitet den neuen Flughafen von Delhi. SRF/Maren Peters

Viel Zeit zum Bauen war nicht. Erst vor fünf Jahren hatte der Flughafen Zürich den Zuschlag für den neuen Airport der indischen Hauptstadt bekommen. Eigentlich sollten die ersten Flugzeuge schon vor einem Jahr abheben. Für die Zürcher ist Indien ein Markt mit grossem Potenzial: Der Flugverkehr wachse seit zwei Jahrzehnten zweistellig, sagt Schnellmann. Er erwartet, dass es so weitergeht. Immer mehr Inderinnen und Inder können sich Flugreisen leisten. Darum brauche es auch immer mehr Flugzeuge und Flughäfen. Die Zürcher haben auch schon den Flughafen Bangalore gebaut.

Airport Zurich investiert 750 Mio. Franken

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Zwei Männer auf einer Terrasse.
Legende: Der Blick vom Flughafentower ist überwältigend. Die Sicht wird nur vom allgegenwärtigen Smog in und um Delhi eingeschränkt. SRF/Maren Peters

Der neue internationale Flughafen von Delhi liegt zwei Reisestunden südlich der indischen Hauptstadt. Dort treibt der Flughafen Zürich mit Hochdruck sein grösstes Auslandsprojekt voran: den Noida International Airport.

750 Millionen Franken hat der Flughafen Zürich investiert. Das Projekt entsteht in Partnerschaft mit der Regierung des indischen Bundesstaates Uttar Pradesh. Bereits mehrmals musste die Eröffnung verschoben werden. Bis Ende Jahr sollen nun aber definitiv die ersten Flugzeuge abheben.

70 Millionen Passagiere

Der Flughafen Zürich plant und baut nicht nur, er wird den Flughafen auch 40 Jahre lang betreiben. Dereinst sollen hier 70 Millionen Passagiere pro Jahr befördert werden. Das soll den bestehenden Hauptstadtflughafen in Delhi deutlich entlasten.

Leere Gepäckausgabe-Halle mit Förderband.
Legende: 70 Millionen Passagiere sollen dereinst hier abfliegen und ankommen. Das sind mehr als doppelt so viele, wie am Flughafen Zürich im Jahr 2024 abgefertigt wurden (das waren gut 31 Millionen). Aktuell fertigt der Flughafen Delhi aber erst 12 Millionen Passagiere ab. SRF/Maren Peters

Dass der neue internationale Flughafen nur nach langer Auto- oder Busfahrt erreicht werden kann, wird in indischen Medien kritisiert. Die Entscheidung habe die Regierung von Uttar Pradesh allein getroffen, sagt Flughafenchef Schnellmann. «Die Lage, der Landerwerb, wird alles durch den Staat organisiert und geplant.» Zürich Airport habe das Land 2021 zur Nutzung erhalten.

Leeres Flugfeld.
Legende: Blick aufs Rollfeld. Spätestens Ende 2025 sollen hier Flugzeuge landen und starten. SRF/Maren Peters

Der Bundesstaat entscheidet auch darüber, wann es losgeht. Betriebsbereit sei der Flughafen schon jetzt, betont Schnellmann – obwohl noch überall gebaut wird.

Unzufriedene Ex-Landbesitzer

Doch nicht überall ist die Vorfreude gross. In einem Dorf direkt neben dem Flughafen sitzt ein halbes Dutzend Männer. «Das ist nicht ihr Land, auf dem der Flughafen gebaut wird! Das ist unser Land!», schimpft Suraj.

Wie alle hier war der junge Mann Bauer, bis der Bundesstaat Uttar Pradesh ihm Land und Haus abknöpfte. Vor sieben Jahren habe sie die Regierung vor die Wahl gestellt: entweder umgerechnet 5000 Franken für das Haus in bar oder eine Arbeitsstelle bei der Regierung, sagt Samir.

Kuh und Hund im Müll.
Legende: Die Bauern, die früher auf dem Land des neuen Flughafens lebten, wurden in eine neue Siedlung umgesiedelt. Hier aber ist vieles im Argen. Nicht einmal der Abfall wird abgeführt. SRF/Maren Peters

Sie alle hätten sich für den sicheren Regierungsjob entschieden. Jetzt ist das Haus weg, aber auf den Regierungsjob warten sie noch immer.

Tausende Familien sind bereits umgesiedelt worden. Viele weitere tausend sollen noch folgen, um Platz zu machen für den weiteren Ausbau des Flughafens. Einer der Männer öffnet eine Mappe mit Dokumenten. Es sind Listen von Bauern, die sich vor sieben Jahren für eine Regierungsstelle entschieden haben.

Männer sitzen und stehen auf einem Rasen.
Legende: Viele der früheren Bauern, denen das Land für den Flughafen weggenommen wurde, sind jetzt arbeitslos. Im Park der neuen Siedlung spielen einige von ihnen Karten. SRF/Maren Peters

Sie seien von Pontius zu Pilatus gelaufen, um ihren Anspruch geltend zu machen, sagt Suraj. «Vergeblich.» Jetzt hoffen sie, dass der Regierungschef von Uttar Pradesh ihnen hilft. «Er weiss sicher nichts von dem Betrug, Schuld ist allein die staatliche Flughafenbehörde», sagt einer der früheren Bauern. Sie fühlen sich betrogen.

Dieser Flughafen ist für die Reichen – und uns haben sie die Existenz genommen.
Autor: Suraj Bauer, dem das Land genommen wurde, wartet immer noch auf den Job

«Dieser Flughafen ist nur für die Reichen», schimpft Suraj. «Uns haben sie die Existenz genommen.» Wo früher ihre Dörfer standen, stehen jetzt Parkplätze und eine Rollbahn. Der zuständige Abgeordnete Dhirendra Singh, wie der Regierungschef Mitglied der BJP-Partei, wollte sich auf schriftliche und mündliche Anfrage nicht äussern.

Leben ohne fliessendes Wasser

Die Bauern und ihre Familien dagegen sind umgesiedelt worden in eine neue Siedlung mit kleinen Mietwohnungen ein paar Kilometer entfernt. «Sie hatten uns fliessendes Wasser und Toiletten versprochen», sagt einer der Bewohner.

Kinder und Männer in einer Strasse.
Legende: Viele Kinder laufen tagsüber herum, statt in die Schule zu gehen – Szene aus der neuen Siedlung, wo tausende Menschen leben, die zuvor das Land beackert hatten, auf dem jetzt der Flughafen steht. SRF/Maren Peters

Aber Wasser sei bis heute keines geflossen und die WCs hätten sie selbst bauen müssen. Die Stimmung im Dorf ist trostlos. Es stinkt nach verbranntem Abfall. Dieser werde hier nicht weggeräumt, erzählen die Bewohner.

Viele Schulkinder laufen mitten am Tag auf den Strassen herum, und im Park sitzen Menschen und spielen Karten. Sie haben nichts anderes mehr zu tun. Sie werden nie abheben vom neuen Flughafen, auf den die Regierung so stolz ist.

Echo der Zeit, 11.11.2025, 18:00 Uhr; noes

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