Putzwagen fahren kreuz und quer durch die noch leere Abflughalle, um den Staub von den Bodenplatten zu wischen. Überall werkeln Bauarbeiter herum. «Wir bauen noch überall und an alles Enden unter Hochdruck», sagt Flughafenchef Christoph Schnellmann.
Viel Zeit zum Bauen war nicht. Erst vor fünf Jahren hatte der Flughafen Zürich den Zuschlag für den neuen Airport der indischen Hauptstadt bekommen. Eigentlich sollten die ersten Flugzeuge schon vor einem Jahr abheben. Für die Zürcher ist Indien ein Markt mit grossem Potenzial: Der Flugverkehr wachse seit zwei Jahrzehnten zweistellig, sagt Schnellmann. Er erwartet, dass es so weitergeht. Immer mehr Inderinnen und Inder können sich Flugreisen leisten. Darum brauche es auch immer mehr Flugzeuge und Flughäfen. Die Zürcher haben auch schon den Flughafen Bangalore gebaut.
70 Millionen Passagiere
Der Flughafen Zürich plant und baut nicht nur, er wird den Flughafen auch 40 Jahre lang betreiben. Dereinst sollen hier 70 Millionen Passagiere pro Jahr befördert werden. Das soll den bestehenden Hauptstadtflughafen in Delhi deutlich entlasten.
Dass der neue internationale Flughafen nur nach langer Auto- oder Busfahrt erreicht werden kann, wird in indischen Medien kritisiert. Die Entscheidung habe die Regierung von Uttar Pradesh allein getroffen, sagt Flughafenchef Schnellmann. «Die Lage, der Landerwerb, wird alles durch den Staat organisiert und geplant.» Zürich Airport habe das Land 2021 zur Nutzung erhalten.
Der Bundesstaat entscheidet auch darüber, wann es losgeht. Betriebsbereit sei der Flughafen schon jetzt, betont Schnellmann – obwohl noch überall gebaut wird.
Unzufriedene Ex-Landbesitzer
Doch nicht überall ist die Vorfreude gross. In einem Dorf direkt neben dem Flughafen sitzt ein halbes Dutzend Männer. «Das ist nicht ihr Land, auf dem der Flughafen gebaut wird! Das ist unser Land!», schimpft Suraj.
Wie alle hier war der junge Mann Bauer, bis der Bundesstaat Uttar Pradesh ihm Land und Haus abknöpfte. Vor sieben Jahren habe sie die Regierung vor die Wahl gestellt: entweder umgerechnet 5000 Franken für das Haus in bar oder eine Arbeitsstelle bei der Regierung, sagt Samir.
Sie alle hätten sich für den sicheren Regierungsjob entschieden. Jetzt ist das Haus weg, aber auf den Regierungsjob warten sie noch immer.
Tausende Familien sind bereits umgesiedelt worden. Viele weitere tausend sollen noch folgen, um Platz zu machen für den weiteren Ausbau des Flughafens. Einer der Männer öffnet eine Mappe mit Dokumenten. Es sind Listen von Bauern, die sich vor sieben Jahren für eine Regierungsstelle entschieden haben.
Sie seien von Pontius zu Pilatus gelaufen, um ihren Anspruch geltend zu machen, sagt Suraj. «Vergeblich.» Jetzt hoffen sie, dass der Regierungschef von Uttar Pradesh ihnen hilft. «Er weiss sicher nichts von dem Betrug, Schuld ist allein die staatliche Flughafenbehörde», sagt einer der früheren Bauern. Sie fühlen sich betrogen.
Dieser Flughafen ist für die Reichen – und uns haben sie die Existenz genommen.
«Dieser Flughafen ist nur für die Reichen», schimpft Suraj. «Uns haben sie die Existenz genommen.» Wo früher ihre Dörfer standen, stehen jetzt Parkplätze und eine Rollbahn. Der zuständige Abgeordnete Dhirendra Singh, wie der Regierungschef Mitglied der BJP-Partei, wollte sich auf schriftliche und mündliche Anfrage nicht äussern.
Leben ohne fliessendes Wasser
Die Bauern und ihre Familien dagegen sind umgesiedelt worden in eine neue Siedlung mit kleinen Mietwohnungen ein paar Kilometer entfernt. «Sie hatten uns fliessendes Wasser und Toiletten versprochen», sagt einer der Bewohner.
Aber Wasser sei bis heute keines geflossen und die WCs hätten sie selbst bauen müssen. Die Stimmung im Dorf ist trostlos. Es stinkt nach verbranntem Abfall. Dieser werde hier nicht weggeräumt, erzählen die Bewohner.
Viele Schulkinder laufen mitten am Tag auf den Strassen herum, und im Park sitzen Menschen und spielen Karten. Sie haben nichts anderes mehr zu tun. Sie werden nie abheben vom neuen Flughafen, auf den die Regierung so stolz ist.