In Mexiko ist der Vulkan Popocatépetl seit einigen Tagen wieder aktiv. Das ist er immer wieder. Dieses Mal ist der Ausbruch aber so stark wie seit knapp 20 Jahren nicht mehr. Der Popocatépetl – «der rauchende Berg» – stösst zurzeit nicht nur Asche, sondern auch immer wieder Lava aus. Die Behörden haben deshalb die zweithöchste Gefahrenstufe ausgerufen.
Die Journalistin Sandra Weiss lebt in Puebla – und sitze damit quasi unter dem Vulkan, erzählt sie. Die Stadt liegt 35 Kilometer vom Krater entfernt. Doch: «Niemand ist sonderlich beunruhigt. Der Vulkan spuckt ja immer wieder mal.» Die Menschen würden nun halt etwas öfter nach oben schauen, so Weiss.
Nach Puebla folgt das Dorf Atlixco, das noch 20 Kilometer vom Vulkan trennt. Die Menschen dort leben von der Landwirtschaft: «Die Asche, die der Vulkan regelmässig ausstösst, macht den Boden extrem fruchtbar», erzählt Weiss. Sie hat Atlixco vor kurzem besucht. «Die Dorfbewohner sind dem Vulkan insofern auch sehr dankbar. Jedes Jahr im März geht ein Schamane hoch und bringt Opfergaben.»
Wenn Panik ausbricht, kollabiert alles.
Die Bewohner in der Vulkanregion vertrauen den Behörden. Diese versuchten auch, die Situation auf kleiner Flamme zu köcheln, so die Journalistin. Eine Pressekonferenz in Puebla, die sie vor kurzem besuchte, «hörte sich ein wenig wie eine psychiatrische Sitzung an». Die Behörden riefen die Medien dazu auf, keine Angst zu schüren. Aber: «Man kann es sich vorstellen: Wenn Panik ausbricht, kollabiert alles.»
Eine Probe-Evakuierung ist nicht vorgesehen – entsprechenden Fragen aus dem Publikum wurde ausgewichen. «Ich bin ein bisschen beunruhigt. Seit der letzten Evakuierung im Jahr 2000 ist Puebla enorm gewachsen», erzählt Weiss. So sicher sei sie sich nicht, dass die Evakuierung bei einem Ernstfall reibungslos und schnell vonstattenginge. «Ich habe nicht den Eindruck, dass die Menschen letztlich wissen, wo sie hin müssen, wenn der Vulkan ausbricht.»
Angst vor Plünderungen
Die Menschen in Atlixco, mit denen Weiss gesprochen hat, wollen ihr Dorf nicht verlassen. Wie im Jahr 2000 haben die Leute Angst vor Plünderungen. Hier sieht die Journalistin ein Problem. Sie befürchtet, dass die Behörden nicht gut vorbereitet sind.
Fehlende Information kann den Behörden aber trotzdem nicht vorgeworfen werden. «El Popo» ist einer der gefährlichsten und aktivsten Vulkane Mexikos, und er werde engmaschig überwacht – «praktisch konstant» wird vermessen und es gibt einen Live-Stream . «Das gibt allen eine gewisse Sicherheit, dass eine Vorwarnzeit da ist», so Weiss. Auch das eingerichtete Warnlampen-System trägt dazu bei, dass sich die Menschen darauf verlassen, rechtzeitig fliehen zu können.
Gelassenheit in der Gefahrenzone – obwohl die letzte Evakuierung knapp zwanzig Jahre her ist. «Das ist der mexikanische Fatalismus», sagt Weiss. «Die Menschen haben ähnliches schon oft erlebt und hoffen, dass auch dieses Mal der Kelch an ihnen vorübergeht.» Sie erlebt das auch bei sich selbst: «Wir haben öfters Ascheregen, weshalb dann der Unterricht ausfällt oder Fussballspiele abgesagt werden. Man wird gelassener.»