Der Islamist Ahmad al-Faqui al-Madhi hat in Mali zahlreiche Verbrechen begangen. Darunter auch verschiedene Fälle von sexueller Gewalt. Doch vor dem Internationalen Gerichtshof (ICC) in Den Haag muss er sich ausschliesslich dafür verantworten, dass er im malischen Timbuktu Heiligengräber zerstören liess.
«Ich bin für die Zerstörung der heiligen Stätten verantwortlich»: Das hat der Angeklagte letzte Woche vor dem Internationalen Strafgerichtshof erklärt. Es tue ihm leid, was er getan habe und er entschuldige sich, sagte der etwa 40-Jährige.
Das sei zwar alles gut und recht, sagt Bakary Camara, der Generalsekretär der malischen Menschenrechtsorganisation (AMDH). Al-Mahdi werde seine Strafe dafür bekommen, «aber das reicht nicht». Der ICC müsse mit seinen Untersuchungen weiterfahren, damit sich Al-Mahdi auch für all die anderen Verbrechen verantworten müsse. Insbesondere solle der Dschihadist für jene Verbrechen zu Rechenschaft gezogen werden, die mit sexueller Gewalt zu tun haben, fordert der Menschenrechtsaktivist.
Fanatischer Sittenwächter
Al-Mahdi ist in Timbuktu kein unbeschriebenes Blatt. Er stammt aus einer einigermassen einflussreichen religiösen Familie, wurde Lehrer an einer islamistischen Schule und 2012, kurz nachdem die Dschihadisten Timbuktu überrannt hatten, schloss er sich dem Al-Kaida-Ableger Ansar Dine an. Al-Mahdi half beim Aufrichten eines islamistischen Tribunals und er spielte eine wichtige Rolle bei der gefürchteten religiösen Polizei Hisbah, die er später auch leitete.
Vergewaltigungen, Auspeitschungen, Zwangsverheiratungen
Nach Angaben mehrerer Nichtregierungsorganisationen hat sich Al-Mahdi dabei vieler Verbrechen gegen Zivilisten, insbesondere gegen Frauen schuldig gemacht: Vergewaltigungen, Auspeitschungen, aber auch Zwangsverheiratungen. Und das nicht nur in Timbuktu, sondern überall im Norden von Mali. Dafür gebe es genügend Beweise, sagt Menschenrechtsaktivist Camara.
Die AMDH und andere Menschenrechtsorganisationen in Mali haben mit Dutzenden Frauen gesprochen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind. Mindestens 33 dieser Opfer beschuldigen Al-Mahdi und 14 seiner Mitkämpfer direkt. Und obwohl die NGOs die Zeugnisse aufgeschrieben und dem Gericht in der Hauptstadt Bamako übergeben haben, ist bisher nichts passiert.
Camara findet das unerträglich. Die Opfer litten bis heute psychisch an den Verbrechen, an dem, was ihnen widerfahren sei: «Es wäre besser, wenn der ICC die Anklage gegen Al-Mahdi mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit, respektive Vergewaltigung und Zwangsheirat erweitern würde.»
Den Haag verspricht weitere Ermittlungen
Die Forderung der NGOs und die Vorwürfe der malischen Opfer sind beim ICC bekannt. Die Untersuchungen würden fortgesetzt, sagte der ICC-Sprecher vor wenigen Tagen lapidar.
Tatsächlich hat die Chefanklägerin noch immer denselben Auftrag, nämlich Menschenrechtsverletzungen in Mali zu ahnden. Tut sie das nicht, bleibt es einzig bei der Anklage wegen Zerstörung der Gräber. Dann wird sie sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass sie bloss auf einen schnellen Erfolg aus sei. Dies wäre eine weitere Blamage, nachdem sie die Anklage gegen den kenianischen Präsidenten Kenyatta mangels Beweisen fallen lassen musste.
Zerstörtes Weltkulturerbe
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Bild 1 von 8. Timbuktu, Mali. In der Oasenstadt im Norden Malis zerstörten islamische Ansar-Dine-Rebellen 2012 mehrere Jahrhunderte alte muslimische Mausoleen. Sie begründeten ihre Taten damit, die Stätten mit den Überresten islamischer Gelehrter hätten der Heiligenverehrung gedient. Die Mausoleen konnten nach Unesco-Angaben wieder aufgebaut werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 8. Eine undatierte Aufnahme eines solchen Mausoleums vor der Zerstörung. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Bamian-Tal, Afghanistan. In Afghanistan sprengten die radikalislamischen Taliban 2001 zwei monumentale Buddha-Statuen. Die in den Fels geschlagenen Figuren waren Zeugen der präislamischen Vergangenheit Afghanistans. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 8. Die Buddha-Statuen von Bamian wurden im 6. Jahrhundert errichtet und waren einst die grössten stehenden Buddha-Statuen der Welt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Ninive, Syrien. Anfang 2015 zertrümmerte der IS im Museum der nordirakischen Stadt Mossul und an der Grabungsstätte Ninive Jahrtausende alte Statuen aus assyrischer Zeit. Die historische Stadt Nimrud südlich von Mossul sollen die Dschihadisten mit Bulldozern überfahren haben. Auch Teile der Unesco-Weltkulturstätte Al-Hadra sprengten sie. Bildquelle: srf.
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Bild 6 von 8. Ayodhya, Indien. Fanatische Hindus verwandelten 1992 die Babri-Moschee im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh in ein Trümmerfeld, um an deren Stelle einen Tempel zu bauen. Angeblich wurde die Moschee 1528 an einem Ort errichtet, wo zuvor ein Hindutempel gestanden hatte. Bildquelle: srf.
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Bild 7 von 8. Palmyra, Syrien. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zertrümmerte im syrischen Unesco-Weltkulturerbe 2015 unter anderem den rund 2000 Jahre alten Baal-Tempel (Bild), den Baal-Schamin-Tempel, mehrere einzigartige Turmgräber sowie den Triumphbogen. Bildquelle: zvg/Bernard Gagnon.
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Bild 8 von 8. Über Social Media verbreitete der IS dieses Bild. Es zeigt die vermeintliche Sprengung des Baal-Tempels. Bildquelle: zvg.