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Anklage gegen Ex-Präsident Trump wird im Vorwahlkampf von der Anklage profitieren

Geheimpapiere im Badezimmer, Atomwaffeninfos in Kisten. Deshalb wird Ex-Präsident Donald Trump jetzt in 37 Punkten angeklagt. Die Dozentin für Amerikanistik an der Uni St. Gallen, Claudia Brühwiler, über die möglichen Folgen.

Claudia Brühwiler

Politologin

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Die Politologin Claudia Brühwiler ist Dozentin für Amerikanistik an der Universität St. Gallen.

Was sind die wichtigsten Anklagepunkte?

Am wichtigsten ist, dass es in der Sache überhaupt zu einer Anklage kommt. Die Anklagepunkte selber sind weniger überraschend. Trump hatte hochsensible Unterlagen zu Hause aufbewahrt und diese vor allem nicht herausgegeben, als er dazu aufgefordert wurde. Dies war allerdings bereits bekannt. Was in der Anklage nun fehlt, sind die Gründe für Trumps Verhalten, es bleibt also völlig unklar, was er mit den Unterlagen vorhatte.

Warum stellen sich viele Republikaner hinter Trump?

Manche sagen, bei der Anklage es gehe um eine reine Vendetta gegen Trump – der stärkste Gegner der Demokraten in der kommenden Präsidentenwahl solle so ausgeschaltet werden, so der Vorwurf. Sie werfen den Justizbehörden zudem vor, bei anderen, die ebenfalls Geheimakten zu Hause aufbewahrt hatten – wie etwa der amtierende Präsident Joe Biden –, weniger streng vorzugehen. Entsprechend geben sich einflussreiche Demokraten denn auch wortkarg zur neuen Anklage gegen Trump.

War Clinton vertrauenswürdiger?

Im Wahlkampf 2016 warf Trump seiner damaligen demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton vor, nicht vertrauenswürdig zu sein – sie hatte für ihren E-Mail-Verkehr einen privaten Server benutzt. Doch wenn die Demokraten jetzt argumentieren, auch Trump sei nicht vertrauenswürdig, weil er Akten zu Hause gestapelt hatte, schiessen sie sich ins eigene Knie: Denn bei Clinton gab es damals kein Justizverfahren, wohingegen man jetzt gegen Trump vorgeht. Das bietet Angriffsfläche.

Ist mit einer Verurteilung Trumps zu rechnen?

Das ist völlig offen – das ist Juristenfutter. Derzeit wird allerdings durchaus darüber diskutiert, wie hoch die Strafe ausfallen könnte, denn die Verfehlungen Trumps sind gut dokumentiert. Allerdings: Weil in der Anklage kein Motiv für Trumps Verhalten genannt wird, ist vielleicht zu wenig Sprengstoff vorhanden, und er kommt am Ende dann doch ungestraft davon.

Was sind die Auswirkungen im Wahlkampf?

Notgedrungen haben sich jetzt alle seine innerparteilichen Konkurrentinnen und Konkurrenten hinter Trump stellen müssen. Damit wird für sie eine Nomination praktisch aussichtslos. Die Anklagen gegen Trump werden den Wahlkampf dominieren. Und im Vorwahlkampf werden sie Trump in die Hände spielen, um sich die konservative Kandidatur zu sichern. Kommt es dann tatsächlich zu einem Duell Trump vs. Biden, werden derzeit allerdings Biden die besseren Chancen auf eine Wahl zum nächsten US-Präsidenten vorausgesagt.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

SRF 4 News, 12.6.2023, 06:20 Uhr ; 

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