Zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Südkorea ist auch die Schwester von Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un, Kim Yo-jong, angereist. Sie brachte eine Einladung von Kim an den südkoreanischen Präsidenten für einen Besuch in Pjöngjang mit. Auch wenn viele die Zeichen positiv deuten – für SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi ist das vor allem Symbolpolitik.
SRF News: Ist der erstmalige Besuch eines Mitglieds der nordkoreanischen Herrscherfamilie im Süden eine Geste der Versöhnung?
Martin Aldrovandi: Um von Versöhnung zu sprechen, ist es noch zu früh. Es ist eher eine weitere Annäherung, die zwar sehr symbolträchtig ist, politische Resultate kann man allein davon keine erwarten.
Die südkoreanische Opposition fährt einen harten Kurs gegen Nordkorea.
Wie wird die Präsenz von Kim Jong-uns Schwester und die Einladung, die sie von ihrem Bruder mitgebracht hat, in Südkorea aufgenommen?
Die Regierungspartei von Präsident Moon Jae-in steht der Einladung positiv gegenüber, auch wenn sie noch nicht angenommen worden ist. Die Opposition ihrerseits fährt einen harten Kurs gegen Nordkorea und verlangt, dass ein Treffen der beiden Staatschefs in Nordkorea nur dann stattfinden dürfe, wenn es dabei konkret um das Thema Atomwaffen und Abrüstung gehe. Bisher wollte Pjöngjang darüber allerdings nicht sprechen.
Was sagen die Menschen in Südkorea zu den Annäherungsversuchen aus dem Norden?
Sie sind skeptisch bis vorsichtig optimistisch. Argumentiert wird etwa damit, dass Kim Jong-un mit der Einladung just zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele Politik mache und versuche, die Spiele zu seinen Gunsten zu nutzen. Andere Stimmen hoffen auf ein Treffen beider Staatschefs, damit sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern eines Tages normalisieren können.
Die Weltöffentlichkeit traut der Annäherung zwischen Nord- und Südkorea offenbar nicht so richtig. Wie ernst ist es Nordkorea?
Es ist gut möglich, dass Pjöngjang das direkte Gespräch mit Seoul sucht, weil man so die USA aussen vor lassen will. So könnte Kim US-Präsident Donald Trump und seine Hardliner-Politik ins Abseits stellen. Ob dies allerdings gelingt, ist fraglich, denn die USA sind ein militärischer Verbündeter Südkoreas.
Nordkorea ist nicht an Gesprächen über Abrüstung interessiert.
Ein Treffen mit Diktator Kim müsste die südkoreanische Regierung wohl mit Washington abstimmen. Nordkorea ist zwar an einer direkten Kontaktaufnahme mit Südkorea interessiert, will aber nicht über atomare Abrüstung diskutieren. Schon gar nicht mit den USA.
Wie wichtig ist Südkorea als Vermittler zwischen Nordkorea und den USA?
Die US-Regierung verfolgt gegenüber Nordkorea weiterhin einen harten Kurs. So ignorierte US-Vizepräsident Mike Pence etwa Kims Schwester anlässlich der Olympia-Eröffnungsfeier. Und das, obwohl beide in nächster Nähe von einander sassen. Washington setzt offensichtlich also nicht auf eine Annäherung an Pjöngjang.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.