- Ein US-Berufungsgericht hat das Todesurteil gegen einen der Attentäter des Boston Marathons 2013 aufgehoben.
- Laut dem Berufungsgericht ist nicht klar, ob das Geschworenengericht, das den Mann 2015 verurteilt hatte, unvoreingenommen war.
- In einem neuen Verfahren soll geklärt werden, ob der junge Mann tatsächlich hingerichtet werden soll.
Wie aus Gerichtsunterlagen vom Freitag (Ortszeit) hervorgeht, ordneten die Richter an, dass über das Strafmass neu entschieden werden müsse. Dabei stellte das Gericht klar, dass der Täter mindestens lebenslange Haft erwarte: «Er wird seine verbleibenden Tage im Gefängnis verbringen. Die einzige Frage ist, ob er durch Hinrichtung sterben wird.»
Der damals 19-Jährige hatte im April 2013 gemeinsam mit seinem älteren Bruder im Zieleinlauf des Marathons in Boston (US-Staat Massachusetts) zwei mit Schnellkochtöpfen gebastelte Sprengsätze gezündet. Dabei waren drei Menschen – darunter ein achtjähriger Junge – getötet und 260 verletzt worden. Bei einer tagelangen Verfolgungsjagd wurden der Bruder und ein Polizist getötet. Der zweite Täter wurde kurz nach dem Anschlag schwer verletzt gefasst. Er gestand die Tat und sitzt heute in einem Hochsicherheitsgefängnis im US-Staat Colorado.
Todesurteil, obwohl Todesstrafe abgeschafft war
Der junge Mann konnte zum Tode verurteilt werden, obwohl Massachusetts die Todesstrafe bereits in den frühen 1980er-Jahren abgeschafft hatte, weil er nach Bundesrecht vor Gericht gestellt wurde. Die Geschworenen entschieden sich nach gut 14-stündigen Beratungen in sechs von 30 Anklagepunkten, derer er für schuldig befunden wurde, für die Todesstrafe.
Das Berufungsgericht hob das Todesurteil des Bezirksgerichts nun mit der Begründung auf, im Prozess sei nicht sichergestellt worden, dass die Geschworenen unvoreingenommen gegenüber dem Täter seien. Das Bezirksgericht habe «Vorurteile oder Befangenheit» nicht erkennen können, weil es potenziellen Geschworenen die Möglichkeit verweigert habe, inhaltliche Fragen zu dem zu stellen, was sie über den Fall gelesen und gehört hätten.
Reue nach dem Urteil
Im Prozess hatten die Anklagevertreter den jungen Mann als vom radikalen Islam inspirierten gefühllosen Mörder charakterisiert, der wegen der Kriege im Irak und in Afghanistan Rache an den USA nehmen wolle. Die Verteidigung beschrieb ihn als Mitläufer unter dem Einfluss seines Bruders. Er selbst schwieg im Prozess.
Erst nach dem Todesurteil zeigte der Täter überraschend Reue und erklärte: «Ich möchte mich gern bei den Opfern und Überlebenden entschuldigen.» Er bete zu Allah, dass der ihm gnädig sei.