Frankreich steht ein wochenlanger Machtkampf zwischen den Gewerkschaften und der französischen Regierung bevor. Die Folgen werden alle Einwohner des Landes zu spüren bekommen.
Es streikt zwar nur knapp die Hälfte der Angestellten der SNCF, allerdings beteiligen sich fast acht von zehn Lokomotivführern an dem Ausstand. Darum wird in den nächsten beiden Tagen fast alles stillstehen.
Danach folgen drei Tage Streikpause, die nicht ausreichen werden, den Betrieb zu normalisieren, bis dann wieder die Arbeit niedergelegt wird. Im Grunde genommen erwarten darum alle ein dauerhaftes Chaos bei der französischen Bahn über Wochen.
Konkret soll an 36 Tagen gestreikt werden. Die Mitglieder von vier Eisenbahner-Gewerkschaften wollen zwei Tage pro Woche ihre Arbeit niederlegen.
Schienennetz für Private öffnen
Gleichzeitig wird weiter verhandelt. Die Regierung muss Kompromisse finden, obwohl es wenig Raum für ein Entgegenkommen gibt. Die Öffnung des Schienennetzes für private Konkurrenten wurde vor 20 Jahren von der EU beschlossen, jetzt soll sie auch in Frankreich umgesetzt werden.
Vor wenigen Tagen hat die Regierung ihre Lösung verfeinert. Sie scheint gewillt, den Markt so wenig wie möglich zu öffnen. Die SNCF bleibt ein Staatsunternehmen; private Konkurrenten werden dereinst die Pflicht haben, das Zugpersonal der SNCF mit allen Lohngarantien zu übernehmen. Konkurrenz im Regionalverkehr entsteht der SNCF de facto erst in 15 Jahren.
Kompromisslose Gewerkschaften
Doch für die Bahngewerkschaften gehen diese Zugeständnisse zu wenig weit. Sie bleiben bei ihrer Maximal-Forderung: Rückzug der Liberalisierung des Bahnverkehrs auf der Ebene der EU. Doch das ist unmöglich zu erfüllen.
Die Frage ist nun, wer länger durchhält. Die öffentliche Meinung wird entscheiden. Schiebt sie die Schuld am Chaos in die Schuhe der Regierung, dann wird diese die Bahnreform zwar per Dekret beschliessen können. Der Preis wäre aber eine politische Blockade, die alle anderen andere Reformen unmöglich machen würden.
Auch in der Luft wird gestreikt
Neben den Bähnlern kommt es auch bei der Air France zu Streiks. Gemäss Angaben der Airline fällt einer von vier Flügen aus. Die Piloten und das Personal der französischen Fluggesellschaft fordern sechs Prozent mehr Lohn. Air France bietet ihnen ein Prozent Lohnerhöhung an.
In einer Mitteilung kritisierten die drei Pilotengewerkschaften bei Air France die «hartnäckige Weigerung» der Fluggesellschaft, auch nur die geringsten Forderungen der Beschäftigten in Erwägung zu ziehen. Die Unternehmensführung nehme die «Entschlossenheit» der Beschäftigten und der Gewerkschaften offenbar nicht ernst, so die Arbeitnehmervertreter.
Ein Streik der Besatzungen und des Bodenpersonals bei Air France hatte bereits am Karfreitag zu Flugausfällen geführt. Nach Angaben der Fluggesellschaft wurde jeder vierte Flug gestrichen. Neben den Pariser Flughäfen Charles de Gaulle und Orly war vor allem Nizza von dem Ausstand betroffen.
Protest gegen Macrons Reformen
Die Streiks richten sich gegen die Wirtschafts- und Arbeitsmarktreformen der Regierung von Präsident Emmanuel Macron. Diese sehen unter anderem vor, dass die Beschäftigten der Bahn ihren beamtenähnlichen Status verlieren.