Der Auslöser des aktuellen Konflikts: Zwei Brüder aserbaidschanischer Herkunft, die die russische Polizei in Jekaterinburg letzte Woche im Rahmen einer Mordermittlung in Gewahrsam genommen hat, sind dort gestorben. Wie die Sprecherin des russischen Aussenministeriums Marija Sacharowa sagte, seien die Razzien und die Festnahmen im Umfeld der aserbaidschanischen Familie Safarov Teil einer Untersuchung früherer Straftaten gewesen. Dabei soll es sich um ungeklärte Morde aus den Jahren 2001 bis 2012 handeln. Bei den Verstorbenen handelt es sich um die Brüder Huseyn und Ziyaddin Safarov. Die Leichen der beiden Brüder wurden am Montag nach Aserbaidschan überstellt.
Suche nach Todesursache: Nach einer Obduktion am Montag in Aserbaidschan sagte der staatliche Forensiker Adalat Hasanov, die beiden seien zu Tode geprügelt und mit Elektroschocks traktiert worden. Der Forensiker stellte weiter fest, dass beiden Leichen vor der Überstellung nach Aserbaidschan alle inneren Organe entnommen worden seien. «Dies könnte auf einen Versuch hinweisen, die wahre Todesursache zu verschleiern», so Hasanov gemäss der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Reaktion von Aserbaidschan auf die Todesfälle: Nach dem Todesfall der zwei Aserbaidschaner hat die Polizei in Baku Räumlichkeiten des russischen Auslandssenders «Sputnik» durchsucht. Bei der Razzia seien zwei Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB festgenommen worden, berichteten aserbaidschanische Medien. Aus Moskau hiess es hingegen, russische Journalisten seien festgenommen worden. «Sputnik» ist ein mehrsprachiger Radiosender und Nachrichtenportal zur Verbreitung von Kreml-Propaganda. Nach dieser Aktion lud Russland den aserbaidschanischen Botschafter in Moskau vor und protestierte gegen die «unfreundlichen Aktionen Aserbaidschans».
Absage von kulturellen Events: Eine weitere Reaktion auf die Todesfälle war die Ankündigung Aserbaidschans, geplante kulturelle Veranstaltungen mit offizieller russischer Teilnahme in Aserbaidschan abzusagen. Auch das diplomatische Gefecht ging weiter: Aserbaidschan verlangt, dass Russland die Polizisten, die die die beiden Aserbaidschaner mutmasslich zu Tode gefoltert hätten, bestraft werden.
Mit dem russischen Angriffskrieg ist der Südkaukasus für Russland als Handelsweg wichtiger geworden.
Erkaltung der Beziehung zwischen Aserbaidschan und Russland: Die vorher freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern verschlechtern sich zunehmend. Beispielsweise nahm der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev nicht an der Siegesparade Russlands in Moskau im Mai 2025 teil. Im Dezember 2024 hat Russland ein aserbaidschanisches Passagierflugzeug versehentlich abgeschossen. Der russische Präsident Wladimir Putin entschuldigte sich zwar für den Vorfall – Verantwortung dafür übernahm er aber nicht. Auch Entschädigung gab es keine.
Beidseitige Abhängigkeit: «Mit dem russischen Angriffskrieg ist der Südkaukasus für Russland als Handelsweg wichtiger geworden. Und im Südkaukasus ist Aserbaidschan ein Schlüsselland», sagt Stefan Meister, Kaukasus-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Russland handle seither mehr mit Iran und Indien, und dies laufe über Aserbaidschan. Die gegenseitige Abhängigkeit beider Länder sei seit dem russischen Angriffskrieg gewachsen und Aserbaidschan trete selbstbewusster auf.