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Aufrüstung oder Diplomatie Können mehr Waffen Frieden schaffen?

Wie muss eine ganzheitliche Sicherheitsarchitektur aussehen? Kann Aufrüstung Frieden schaffen oder braucht es gerade jetzt mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit, um künftige Kriege zu verhindern? Die Gäste im «Club» waren sich nicht einig.

Hundertzwanzig Konflikte zählte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz Ende 2024. Eine Zahl, die seit den 1990er-Jahren kontinuierlich steigt. «Wir sind in einem Zeitalter, in dem das Recht des Stärkeren dominiert und nicht ein starkes Recht. Und das ist falsch», warnt Patricia Danzi, Direktorin der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit im SRF Club.

Tatsächlich steigen die weltweiten Verteidigungsausgaben. Dieser Trend hat sich besonders seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine im Jahr 2022 beschleunigt. «Wir sind in einem Rüstungswettlauf und dieser wird sich eher noch verschärfen», sagt Marcel Berni, Militär-Stratege der Militärakademie an der ETH Zürich. «Putin und Xi zwingen uns in eine Welt, die auf Stärke setzt. Wir kehren zurück in eine machtgetriebene Welt, die mit militärischen Mitteln unterfüttert werden muss, weil sie sonst in den Augen der Autokraten nicht gültig sind.»

Entwicklungshilfe unter Druck: Die globale Schere geht auf

Während bei der Aufrüstung mehr Geld investiert wird, schrumpfen die Budgets für die Entwicklungszusammenarbeit in vielen Ländern. Noch im Jahr 2022 gaben die Geberländer der OECD dafür eine Rekordsumme von 223 Milliarden US-Dollar aus. Seither sinken die Beiträge aber deutlich und dürften sich 2025 zwischen 170 und 186 Milliarden US-Dollar bewegen.

Deza-Direktorin Danzi warnt: «Die Schere zwischen Verteidigungsausgaben und Mitteln für die internationale Zusammenarbeit wird immer grösser. Davor müssen wir uns in Acht nehmen. Die Militärausgaben fehlen im Sozialstaat, bei der Entwicklungszusammenarbeit, bei den UNO-Entwicklungszielen. Klima, Armutsreduktion, Bildung und Gesundheit sind Themen, die uns alle betreffen, egal, wo wir sind.».

Besonders dramatisch: der abrupte Rückzug der USA aus der Entwicklungszusammenarbeit und die Auflösung der staatlichen Agentur USAID im Juli 2025. «Das ging alles sehr, sehr schnell. Es sind Leute deswegen gestorben», so Danzi. Doch Sparen an der Entwicklungszusammenarbeit ist kein reines US-Phänomen: Deutschland, Frankreich und Grossbritannien haben Gelder gekürzt. Auch in der Schweiz wurde das Budget 2025 um 110 Millionen Franken gekürzt.

Ist es richtig, genau jetzt das Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen? Entwicklungszusammenarbeit ist auch Teil der sogenannten Soft Power eines Staates. Diese setzt auf Diplomatie, Werte, Bildung oder kulturelle Exporte, um Einfluss zu nehmen, während Hard Power auf militärischem Zwang und Abschreckung beruht.

Für Berni braucht es die Hard Power, um garantieren zu können, «dass man Entwicklungshilfe zahlen kann und nicht einfach als schwaches Opfer auf dem Tisch der Weltmächte vergeben wird». Patricia Danzi wirft ein, dass es dabei auch um Werte gehe: «Bei der ganzen Geldfrage wird oft vergessen: Es geht auch um die Wertediskussion. Wir sind ein Land, das sich beides leisten kann, würde ich behaupten. Ein Land, in dem diese Werte stark verankert sind – in der Gesellschaft und sogar in der Bundesverfassung.» Daran müsse man sich wieder mehr erinnern.

Köpfe der Sendung

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Manöver an der Nato-Ostgrenze, Drohnen über Polen. Während der Westen aufrüstet, wird bei der Entwicklungszusammenarbeit gespart. Welche Rolle können Diplomatie und internationale Organisationen noch spielen? Hat Soft Power noch einen Wert oder zählt immer mehr das Recht des Stärkeren?

Mit Peter Düggeli diskutieren:

  • Patricia Danzi, Direktorin DEZA; der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit
  • Marcel Berni, Strategie-Experte, Militärakademie an der ETH Zürich;
  • Daniel Möckli, Leiter Think-Tank für Sicherheitsstudien, ETH Zürich; und
  • Sebastian Ramspeck, Internationaler Korrespondent SRF.

Einigkeit herrschte im Club darüber, dass es beides braucht – Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit. Welcher Teil jedoch zu priorisieren sei, darüber wurde man sich nicht ganz einig.

Club, 16.09.2025, 22:25 Uhr; noes

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