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Ausbeutung des Amazonasurwalds Indigene demonstrieren gegen Bolsonaros illegale Goldschürfer

Sie haben die Fenster des Bergbauministeriums mit Schlamm beworfen. Das sollte die Verschmutzung des Amazonasurwaldes durch Bolsonaros Politik darstellen.

Es sind die ersten Massenproteste gegen den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in diesem Wahljahr. Tausende Indigene aus rund 300 Völkern protestieren seit einer Woche in der Hauptstadt Brasília und wehren sich gegen den Versuch der Regierung, ihre Gebiete im Amazonas zu beschneiden.

SRF-Korrespondent David Karasek schätzt ein

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SRF News: Die Proteste in der Hauptstadt Brasília enden am Donnerstagabend. Konnten denn die Indigenen mit ihren Demonstrationen bisher etwas erreichen?

David Karasek: Sie konnten einen ersten Erfolg vermelden. Die Bundesstaatsanwaltschaft forderte die Regierung auf, gegen die illegalen Goldsucher in indigenen Gebieten vorzugehen. Ob die Regierung allerdings aktiv wird, ist fraglich.

Weshalb hält sie diesem Druck Stand?

Es geht Bolsonaro in erster Linie um Wahlkampf. In einem halben Jahr sind Präsidentschaftswahlen. Die Botschaft von Bolsonaro an seine Basis, an die Agrarindustrie oder an die Bergbauunternehmen lautet, wer den Amazonas ausbeuten wolle, könne mit ihm rechnen.

Die Indigene forderten nicht nur den Schutz ihres Wohnraums im Amazonas, sondern sie machten auch einen eindringlichen Hilferuf, dass sie existenziell bedroht seien. Wie sieht denn diese Bedrohung aus?

Sie sagen, dass sie beispielsweise von den Goldgräberinnen und Goldgräbern attackiert werden. Im Jahr 2020 hatte die Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen Cimi 182 Morde an Indigenen gezählt, so viele wie noch nie. Zudem macht die Verseuchung der Gewässer durch das eingesetzte Quecksilber die Menschen krank. Der Führer der Indigenen, Davi Kopenawa, hat mir gesagt, dass die Bergbauleute auch Krankheiten wie Malaria in den Urwald einschleppen oder die indigenen Frauen zur Prostitution zwingen würden.

Wie steht die Bevölkerung in Brasilien zu den Forderungen der Indigenen?

Sie werden durch Proteste in anderen Städten des Landes unterstützt. Zurzeit gehen einige Leute auf die Strasse. Unter ihnen befinden sich Gewerkschaften und viele wütende Brasilianerinnen und Brasilianer, die erstmals seit Beginn der Pandemie wieder an einer Demonstration teilnehmen. Die Wut richtet sich vor allem gegen die Amazonaspolitik der Bolsonaro-Regierung. In Zahlen gesprochen ist der Durchschnitt der Abholzungen im Amazonas unter Bolsonaro 60 Prozent höher als im Jahrzehnt davor.

Die Regierung will sie nämlich für die wirtschaftliche Ausbeutung freigeben. Nun endet der Protest nahe dem Regierungsviertel. Mit Rhythmus und Gesang zogen die Indigenen vor das Bergbau- und Energieministerium der Hauptstadt. Nachrichtensender zeigten Bilder, wie sie Schlamm gegen die Scheiben schleudern.

Indigener Schamane führt Proteste an

Der Schlamm solle die Verschmutzung im Amazonasurwald darstellen, sagt der indigene Schamane Davi Kopenawa. Er ist der Anführer der Proteste und eine der wichtigsten Stimmen der indigenen Völker Brasiliens: «Ich bin voller Wut. Goldgräber zerstören unser Land, um Goldstaub aus der Erde zu gewinnen.»

Kopenawa sagt weiter: «Die Schürfer setzen Quecksilber ein. Dadurch werden unsere Flüsse vergiftet und das macht uns krank. Sie schlachten uns ab wie Tiere.» Gewalt ist im brasilianischen Amazonas zum Alltag geworden, weil sie sich gegen das illegale Treiben auf ihrem Gebiet wehren.

Noch nie wurden so viele Indigene ermordet

Im Vergleich zu 2020 hat der Goldabbau um fast 50 Prozent zugenommen. Durch die Goldsuche wurden Tausende Hektaren Regenwald zerstört. «Die Bodenschätze sind aus einem guten Grund unter dem Boden. Damit sie dortbleiben. Das müssen wir schützen», so der höchste Indigene von Brasilien.

Präsident Bolsonaro will den Goldabbau im Amazonas dennoch weiter vorantreiben. Die Regierung will die meistens illegal arbeitenden Bergleute fördern. Die Goldsucher gehören zum harten Kern der Bolsonaro-Wählerinnen und -Wähler. Im Oktober braucht der Präsident ihre Stimmen für seine Wiederwahl.

Jair Bolsonaro
Legende: Die Regierung von Präsident Bolsonaro habe eine «anti-indigene Agenda», so der Vorwurf. Keystone

HeuteMorgen, 14.04.2022, 06:00 Uhr

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