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Ausschreitungen im Inselstaat Was die Proteste auf den Salomonen mit China zu tun haben

Der chinafreundliche Kurs der Regierung stösst den Inselbewohnern sauer auf. Doch sie sind auf Investitionen angewiesen.

Was ist passiert? Auf den Salomonen, einer Inselgruppe im Südpazifik, nordöstlich von Australien, kam es letzte Woche zu heftigen Ausschreitungen. Protestierende lieferten sich Strassenschlachten mit Sicherheitskräften – diese werden vor Ort von Friedenstruppen aus Australien, Papua-Neuguinea und den Fidschi-Inseln unterstützt.

Was steckt dahinter? Zumindest vordergründig ist der Konflikt historisch und ethnisch begründet. «Die Bewohner der Insel Malaita fühlen sich gegenüber den Leuten auf der Hauptinsel Guadalcanal mit der Hauptstadt Honiara benachteiligt», erklärt SRF-Ozeanien-Korrespondent Urs Wälterlin. Das habe schon in der Vergangenheit immer wieder zu Unruhen und sogar zu einem Bürgerkrieg geführt.

«Der Auslöser der jüngsten Krawalle aber ist der Unmut gegen den immer stärkeren Einfluss Chinas auf die Regierung.» Premierminister Manasseh Sogavare hatte 2019 mit Taiwan gebrochen und stattdessen diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik aufgenommen.

Warum wird gerade jetzt protestiert? Der Premierminister der Salomonen habe mehrfach den Wünschen Pekings entsprochen, statt auf die Bedürfnisse des eigenen Volkes zu hören, lautet der Vorwurf der Demonstrierenden. «Er ignorierte offenbar mehrfach Forderungen, die enge Beziehung zu China zu lockern. Und irgendwann lief das Fass über.»

China-Schild auf den Salomonen
Legende: Chinesische Unternehmen versprechen Investitionen in den Kleinstaat der Salomonen. Keystone

Welche Interessen hat China? China wird nicht nur auf den Salomonen vorgeworfen, die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung zu ignorieren, oft in Kooperation mit der Regierung, und dabei die natürlichen Ressourcen des Landes auszubeuten. Auf den Salomonen ist das primär Tropenholz. «Umweltorganisationen kritisieren seit Jahren die Abholzung der Urwälder durch ausländische Unternehmen», weiss der Korrespondent.

Es gibt sogar immer wieder Berichte, wonach Frauen und Kinder gelegentlich Opfer sexueller Ausbeutung durch die Arbeiter dieser Holzunternehmen werden.
Autor: Urs Wälterlin Ozeanien-Korrespondent von SRF

Denn von diesem Raubbau profitiere oftmals die Zentralregierung deutlich mehr als die lokale Bevölkerung. «Es gibt sogar immer wieder Berichte, wonach Frauen und Kinder gelegentlich Opfer sexueller Ausbeutung durch die Arbeiter dieser Holzunternehmen werden.»

Was haben die Salomonen davon? Mit der engeren Anbindung an Peking wurden dem Inselstaat 500 Millionen Dollar an Investitionen versprochen. «Die Salomonen sind von diesen Geldern extrem abhängig», sagt Wälterlin. Denn das Land ist eines der ärmsten der Welt.

Die Salomonen leben zu einem wesentlichen Teil von Unterstützung aus dem Ausland, auch von Entwicklungshilfe.
Autor: Urs Wälterlin Ozeanien-Korrespondent von SRF

Die Staatskasse ist leer. Drei Viertel der Bevölkerung sind selbstversorgende Bauern. Neben der Holzindustrie sind zwar Gold, Palmöl und auch der Tourismus wichtige Exportprodukte. «Aber das reicht nicht: Die Salomonen leben zu einem wesentlichen Teil von Unterstützung aus dem Ausland, auch von Entwicklungshilfe.»

Wie reagiert die Regierung? «Dass sich Sogavare von China lossagt, sehe ich zumindest in absehbarer Zeit überhaupt nicht», sagt der Ozeanien-Korrespondent. «Ich habe eher den Eindruck, dass er seine Position verhärten wird.» Denn es stehe einiges auf dem Spiel für ihn und seine Regierungsmitglieder. «Wie so oft ist das politische – und wohl auch finanzielle – Schicksal der Machthaber in solchen Kleinstaaten eng mit der Präsenz und dem Einfluss der Chinesen im Land verbunden.»

Die Salomonen sind kein Einzelfall

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Manasseh Sogavare
Legende: Manasseh Sogavare, Premierminister der Salomonen, bei einer Rede vor der UNO. Keystone

Auch andere Inselstaaten in der Region stehen unter chinesischem Einfluss. Denn die Volksrepublik hat in den letzten Jahren ihre Präsenz im Pazifik deutlich ausgebaut. Zum Beispiel auch in Kiribati hat die Regierung nach Jahren der Anerkennung der Unabhängigkeit Taiwans ihre Politik geändert. Nun steht sie auf der Seite Chinas.

«Peking macht Diplomatie mit dem Scheckbuch und bezahlt für einen wachsenden Einfluss in dieser Region», wie Urs Wälterlin sagt. Man dürfe nicht vergessen: «Diese Länder mögen zwar klein sein, wenig bedeutend vielleicht im globalen Vergleich, aber in internationalen Foren wie etwa den Vereinten Nationen, da haben sie eine Stimme und auf diese will China in Zukunft zählen können.»

SRF 4 News, 29.11.2021, 07:50 Uhr ; 

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