Zum Inhalt springen

Ausschreitungen im Iran Auf der Suche nach den Schuldigen

Verschwörung des Auslands oder ernsthafte Sorge der Bevölkerung? Was man über die Proteste wissen muss.

Ungehorsam geht weiter: In den sozialen Medien laufen Berichte über weitere Proteste in der vergangenen Nacht. Die Meldungen und Videos können nicht unabhängig verifiziert werden – besonders was Datum und Orte angeht. Augenzeugen bestätigten, dass während eines Fussballspiels in Täbris im Westiran die Fans Parolen gegen das Regime gerufen haben.

Ursachenforschung I: Die Gründe für die Demonstrationen in mehr als 80 Städten sind noch nicht ganz klar. Die Hardliner sehen die Proteste als ausländische Verschwörung. Konservative Gegner von Präsident Hassan Ruhani erklären die Demonstrationen zudem mit der Wirtschaftskrise und machen die Regierung für diese verantwortlich.

Ruhani und die Reformer sehen ebenfalls «Feinde des Irans» hinter den Unruhen, räumen aber ein, dass nicht alles vom Ausland gesteuert sein könne.

Beobachter haben schliesslich den Eindruck, dass die Demonstranten im gesamten islamischen Regime keine Hoffnung mehr sehen, weder politisch noch wirtschaftlich. Der Frust über die Stagnation breche nun mit voller Wucht auf.

Ursachenforschung II: Das iranische Parlament soll in einer Sondersitzung die Ursachen der regimekritischen Proteste der letzten Tage hinterfragen. Nach Angaben staatlicher Nachrichtenagenturen wurde die Debatte für Sonntag angesetzt. Auch der Innenminister, der Geheimdienstchef sowie der Sekretär des Sicherheitsrats würden teilnehmen.

Auf Verlangen der Reformfraktion soll eine Sonderkommission das Schicksal der Demonstranten aufklären, die bei den jüngsten Protesten inhaftiert wurden.

Unklare Zahlen: Es gibt keine offiziellen Angaben. Die Rede ist von 1000 bis 1800 Festgenommenen landesweit, unter ihnen fast 100 Studenten. Zudem sollen mindestens 19 Menschen bei den Demonstrationen gestorben sein.

Unklares Schicksal: Ernsthafte Sorgen um die inhaftierten Demonstranten kamen auf, als beim Freitagsgebet in Teheran der Hardliner Ahmad Chatami sowie Regimeanhänger Höchststrafen gegen einige von ihnen gefordert hatten. Einigen Regimegegnern könnte daher sogar die Todesstrafe drohen. Dies stiess auf heftige Kritik der Regierung und der Reformer im Parlament. Nun ist die Rede davon, dass inhaftierte Demonstranten Rechtsbeistand erhalten sollen.

Uneinigkeit im UNO-Sichereitsrat: Auf Drängen der Vereinigten Staaten debattierte der UNO-Sicherheitsrat in einer Sondersitzung über die Proteste im Iran.

Allerdings stiessen die USA dabei auf heftige Kritik. «Lasst den Iran mit seinen eigenen Problemen fertig werden», sagte der UNO-Botschafter Russlands. Auch der Vertreter Frankreichs erklärte, die Lage im Iran sei keine Gefahr für den Frieden und erfordere kein Handeln des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen.

Der iranische UNO-Botschafter warf dem Rat vor, sein Mandat zu überschreiten, und sprach von Schikanen der USA.

Meistgelesene Artikel