Das Gewusel ist so lebhaft wie immer. Aber der Schein trügt. Kein Ladenbesitzer im Souk, dem zentralen Markt von Erbil, der nicht klagen würde. Die Geschäfte laufen schlecht in Kurdistan dieser Tage.
«Sie haben unsere Flughäfen geschlossen, westlich von Kirkuk gab es Kämpfe zwischen unseren Truppen und irakischen. Dadurch sind alle Wege nach Kurdistan zu. Nichts kommt mehr durch, alles ist zu», sagt Ladenbesitzer Ahmad Abu Bakr.
«Die Jungen haben keine Zukunft»
Um 80 Prozent sei die Wirtschaft zusammengebrochen, sagen die Verkäufer – selbst abzüglich der üblichen Grosszügigkeit der nahöstlichen Händler, wenn es um Zahlen geht, ist das einschneidend. Die Kurden haben nicht nur ihren Traum von einem unabhängigen Kurdistan zumindest vorläufig verloren – sie bezahlen auch einen hohen Preis dafür.
Salam Abdulrahman sagt: «Wir haben keine Arbeit, kein Geld. Die Jungen haben keine Zukunft, selbst wenn sie arbeiten wie verrückt, verdienen sie zu wenig und können keine Familie gründen.»
«Das Vertrauen ist völlig weg»
Adnan al-Mufti war bis 2009 Parlaments-Präsident der autonomen Kurdenregion und ist Teil jener Kurden-Delegation, welche mit Bagdad über eine Lösung der Krise verhandelt: «Dass unsere Beziehungen schlecht sind, ist nicht neu.»
Das sei schon seit 5 Jahren so. «Aber jetzt, nach dem Referendum – wir streiten über Geld und die Aufteilung von Öl und Gas. Über die Gehälter für unsere Peschmerga. Das Vertrauen ist völlig weg, und es kommt zu einer ganzen Reihe von Missverständnissen», so al-Mufti.
Unbequeme Lage für die Kurden
Dass sich das so schnell ändert, daran glaubt al-Mufti nicht: «Alle in Bagdad reden im Moment gegen uns. Das hat mit den irakischen Wahlen zu tun, die bald anstehen. Alle Parteien versuchen, ihre Wählerschaft zu vergrössern, indem sie uns Kurden gegenüber hart auftreten.»
Die Kurden haben sich in eine Lage manövriert, aus der sie ohne Hilfe von aussen kaum mehr herauskommen werden.