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No Cash in Simbabwe
Aus Rendez-vous vom 10.07.2018. Bild: SRF
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Bargeldlos wider Willen No Cash in Simbabwe

Bargeld ist Mangelware im Binnenstaat. Fast alle zahlen mit Handy und Karte. So richtig freuts nur den Schwarzmarkt.

Die Schlange vor der CBZ Bank im Avondale-Quartier in Harare ist lang. Es ist Ende Monat, die Löhne wurden ausgezahlt. Der 26-jährige Gärtner steht schon eine ganze Weile da. Ungefähr drei Stunden, dann kann er rein. Wenn er Glück hat, bekommt er dieses Mal etwas Bargeld.

Viel rückt die Bank aber nicht heraus. 20 Dollar gibt es pro Tag, in 50-Cent-Münzen, abgepackt in kleine Plastiksäcke. Dabei braucht der junge Mann Bargeld: für den Bus zur Arbeit oder für Gemüse auf dem Markt. Denn dort wird Ecocash nicht akzeptiert.

Bargeldloses Simbabwe.
Legende: Bargeldloses Simbabwe: 20 Dollar pro Tag für das Nötigste. Mehr geben die Banken nicht. SRF/Anna Lemmenmeier

Ohne Handy oder Kreditkarte geht (fast) gar nichts

Ecocash ist Mobile Money; Geld, das mit dem Handy bezahlt wird. Ecocash ist allgegenwertig in Simbabwe und viele Zahlungen werden mittlerweile so getätigt, denn ein Handy hat jeder. Auch anderes sogenanntes «Plastikgeld» hat das Bargeld abgelöst: Kreditkarten oder Banküberweisungen. Das funktioniert gut.

Und dennoch hat es Nachteile, meint ein 45-jähriger Familienvater, der soeben aus der Bank kommt: Weil nicht alle Plastikgeld akzeptieren, muss man manchmal dort einkaufen, wo es die Möglichkeit für Ecocash oder Kreditkarten gibt, auch wenn es teurer ist. Zudem kostet jede einzelne Zahlung mit Plastikgeld Gebühren. Diese sind zwar klein, aber es summiert sich. Kommt dazu, dass Mobile Money nur dort funktioniert, wo es ein stabiles Mobilfunknetz hat. Auf dem Land in Simbabwe ist das oft nicht der Fall.

Vertrauen dahin – Schwarzmarkt springt ein

An der Bargeld-Krise verdienen die Geldwechsler auf dem Schwarzmarkt. Im Zentrum von Harare sitzen reihenweise vor allem Frauen und wedeln mit Geldscheinen. Wer Bargeld braucht lässt sich Ecocash oder Kreditkartengeld in Cash auszahlen.

Bargeld heisst in Simbabwe vor allem US-Dollars oder die simbabwische Pseudo-Währung, sogenannte Bond Notes. 2016 ins Leben gerufen, wird diese Währung nur in Simbabwe als Zahlungsmittel akzeptiert.

Bargeldloses Simbabwe.
Legende: Geldwechslerin Otilia Mbundura: «Das letzte Mal hat uns die Regierung betrogen.» SRF/Anna Lemmenmeier

Aber Simbabwerinnen und Simbabwer trauen den Bond Notes nicht, wie Geldwechslerin Otilia Mbundura betont. Wer immer kann, wechselt das simbabwische Geld in Fremdwährung, am besten in Dollars.

Vor einem Jahrzehnt herrschte in Simbabwe Hyperinflation. Auf den grössten Noten prangte die Zahl von 100 Trillionen Dollar. Und so ist das Misstrauen der Bevölkerung in die eigene Währung und die Banken verständlich. Jedermann behält sein Geld zuhause, am liebsten in Fremdwährung.

Bargeldloses Simbabwe.
Legende: Böse Erinnerungen an die Hyperinflation vor zehn Jahren. SRF/Anna Lemmenmeier

Massive Probleme für die Wirtschaft

Ein paar Querstrassen weiter sitzt Sifelani Jabangwe in seinem Sessel im Büro des simbabwischen Industrieverbandes. Der Schwarzmarkt der Geldwechsler ist ihm geläufig: «Firmen, die keine Fremdwährung erhalten, aber Materialien für ihre Produktion importieren wollen, müssen auf den Schwarzmarkt. Aber das kostet zusätzlich.»

Bargeldloses Simbabwe.
Legende: Der simbabwische Industrieverband in Harare blickt mit Sorge auf die anhaltende Geldnot. SRF/Anna Lemmenmeier

Der simbabwische Staat vergibt Fremdwährung für die heimische Industrie. Theoretisch. Doch oft wird das limitierte Geld, meist US-Dollars, anders eingesetzt. So soll sich die Regierung auf diese Weise Wahlmaterial beschafft haben. Und so bleibt für die Industrie nichts mehr übrig.

Die Wirtschaft bleibt stehen, bilanziert Verbandspräsident Jabangwe. Denn die Industrie ist zu grossen Teilen auf gewisse Materialien aus dem Ausland angewiesen. Die Bargeldkrise lähmt also die Wirtschaft. Und so wollen Simbabwerinnen und Simbabwer nur eines: Münzen, Scheine, Dollars – am liebsten Cash auf die Hand.

Anna Lemmenmeier

Anna Lemmenmeier

Afrika-Korrespondentin

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Anna Lemmenmeier ist seit 2017 Afrika-Korrespondentin von Radio SRF und lebt in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Davor war sie Mitglied der SRF-Wirtschaftsredaktion. Sie hat internationale Beziehungen, Geschichte und Völkerrecht an den Universitäten von Bern, Genf und Ghana studiert.

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