Im Prozess um die Anschläge vom 13. November 2015 in Paris ist der einzige überlebende Attentäter zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dies ist die härteste Strafe im französischen Strafrecht. Sie kann auch später nicht gemildert werden.
Das speziell für Terrorismus eingerichtete Gericht folgt weitgehend den strengen Anträgen der Staatsanwaltschaft. Wie gewichtig die Urteile sind, wird sich in einem allfälligen Berufungsverfahren zeigen. Was der Prozess für Frankreich bedeutet, ist jetzt schon deutlich: Die Anschläge vom 13. November 2015 haben Frankreich tief erschüttert.
Viel Raum für Emotionen
Selten haben vor Gericht Emotionen derart viel Raum bekommen, wie in diesem Fall: Während Wochen haben über 300 Zivilklägerinnen und -kläger Zeugnis abgelegt. Sie haben ihre unmittelbaren Erfahrungen geschildert, als Opfer und Geiseln der Terroristen. Eltern, Geschwister oder andere Verwandte haben über die 130 Menschen gesprochen, die während der Anschläge oder später an den Folgen gestorben sind.
Das Gericht hat diesen Trauerreden aufmerksam zugehört. Der Gerichtspräsident hat nur eingegriffen, wenn sich das persönliche Leid in politische Parolen verwandelte: gegen den Islam und Muslime etwa.
Die Opfer haben ein Gesicht bekommen
Die Opfer der Anschläge vom 13. November 2015 haben so ein Gesicht bekommen. Frankreich hat als Nation an dieser persönlichen Trauer von Opfern und Angehörigen teilgenommen. Die Gerichtsverhandlung hat auch neue Erkenntnisse zu den Vorbereitungen und dem Ablauf der Anschläge sowie dem Einsatz der Polizei gebracht.
So sind aus Zeugenaussagen viele Einzelheiten zusammengekommen, die das gesamte Bild verdeutlichen.
Der Hauptangeklagte bat zum Schluss um Verzeihung
Dazu gehört auch, dass ein Teil der Angeklagten ihren Auftritt vor Gericht im Verlauf der Verhandlungen veränderte. Vor allem der einzige überlebende Attentäter: Zu Beginn der Verhandlungen hatte er sich noch als strammer Soldat der Terrormiliz Islamischer Staat präsentiert. Am letzten Verhandlungstag bat er die Opfer um Verzeihung und beteuerte, dass er persönlich nicht getötet habe. Ein letzter Versuch, die harte Strafe abzumildern, wie sie die Anklage gefordert hatte: Eine lebenslange Gefängnisstrafe – die wirklich bis zum Lebensende dauern soll.
Das Urteil im Justizpalast von Paris wird keinen Schlussstrich ziehen. Ein möglicher Revisionsprozess könnte in rund anderthalb Jahren stattfinden. Auch die Angst vor neuen Terroranschlägen dauert an. Dies zeigen schon die Sicherheitsmassnahmen beim Prozess: Das Gerichtsgebäude war an Verhandlungstagen weiträumig abgeriegelt, Personenkontrollen beim Eingang, überall waren schwer bewaffnete Wachen präsent.
Die Trauer von Angehörigen um die Opfer ist ebenfalls nicht abgeschlossen. Aber das Gerichtsverfahren hat der persönlichen und der nationalen Trauer einen würdigen Rahmen gegeben. Dies ist schon sehr viel.