Zwei Helikopter aus Belarus sind am Dienstag über polnisches Gebiet geflogen. Das sei eine gezielte Provokation gegen Polen und die Nato. So verurteilte das polnische Verteidigungsministerium den Vorfall. Der polnische Aussenminister bestellte den höchsten belarussischen Diplomaten in Warschau ein und forderte eine Erklärung.
Die Luftraumverletzung kommt in einem angespannten Moment. Nach dem missglückten Putschversuch gegen Russlands Präsidenten Putin sind – nach Angaben aus Minsk – mehr als 2000 Wagner-Kämpfer nach Belarus gekommen. Sie trainieren dort Einheiten der Armee.
Diktator Alexander Lukaschenko ätzte kürzlich bei einem Treffen mit Putin, einige der Wagner-Soldaten wollten in Polen einmarschieren und auf einen «Ausflug nach Warschau und Rzeszow» gehen, die polnische Hauptstadt besuchen sowie das polnische Drehkreuz für westliche Waffenlieferungen in die Ukraine.
Polen stockt Grenzverteidigung auf
Als Reaktion darauf hat die polnische Armee inzwischen über 1000 zusätzliche Soldaten an die Grenze zu Belarus geschickt. Dazu Kampfhelikopter, Panzer und Flugabwehrraketen. Warschau überlegt sich, die Grenze zu Belarus vollständig zu schliessen. Und auf dem diplomatischen Parkett bezieht die polnische Regierung dezidierter Stellung gegen Russland und seine Verbündeten als jede andere ausserhalb der Ukraine.
Das alles klingt nach Eskalation. Doch wie schon bei früheren Zwischenfällen hat die polnische Regierung auf die Luftraumverletzung vom Dienstag erstaunlich besonnen reagiert.
Dass Kampfhelikopter aus Belarus über polnisches Gebiet geflogen sind, meldete am Dienstagmorgen zunächst eine private Radiostation. Die polnische Regierung liess sich Zeit. Erst am Abend und nach sorgfältiger Prüfung bestätigte das Verteidigungsministerium die Luftraumverletzung. Der Ton war sachlich und blieb es auch, nachdem das belarussische Verteidigungsministerium den Vorfall als «Ammenmärchen» abtat und schrieb, Warschau habe offenbar auf den «Befehl seiner Meister» auf der anderen Seite des Atlantiks gehört.
Vorbildlicher Nato-Staat
Die Besonnenheit Warschaus ist allerdings unterfüttert mit militärischer Stärke. Polen ist der Musterschüler der Nato, gibt dieses Jahr vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Rüstung aus. Die polnische Armee ist eine der modernsten in Europa. Dazu kommen Nato-Truppen unter amerikanischer Führung, die ebenfalls in Polen stationiert sind. Dagegen könnte Belarus, auch verstärkt durch gut 2000 Wagner-Kämpfer, kaum viel ausrichten.