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Bergkarabach Grosse Sorgen in Armeniens Hauptstadt Eriwan

Der Bergkarabachkonflikt besorgt die Armenierinnen und Armenier. Auf dem Platz der Republik finden deswegen auch Demonstrationen gegen den armenischen Premierminister Nikol Paschinjan statt.

Am frühen Abend ist es ruhig auf dem monumentalen Platz der Republik im Zentrum von Eriwan, wo der Hauptsitz der armenischen Regierung steht. Alte Menschen und junge Paare schlendern hin und her, geniessen ihren Sonntagabend. Doch an einem Ende des Platzes stehen Hunderte Bereitschaftspolizisten. Gegenüber sitzen ein paar Dutzend Menschen vor dem Gebäude der armenischen Post. Sie bereiten sich auf eine weitere Demonstration vor.

Polizisten reihen sich vor dem Postgebäude auf.
Legende: Die Polizei wappnet sich gegen eine Demonstration. SRF

Der Bergkarabachkonflikt beschäftigt die Menschen. «Man muss unsere Armenier dort herausholen», sagt eine Frau, der beim Reden Tränen in die Augen steigen. «Innerhalb des Staates Aserbaidschan könnten Armenier nicht leben», sagt sie. Sie hat Angst, aserische Truppen könnten in Karabach ein Massaker veranstalten. Sie nimmt Bezug auf aserische Gräueltaten im letzten Karabachkrieg im Jahr 2020. Aktuelle Berichte von Menschenrechtsverletzungen in Karabach sind allerdings noch unbestätigt.

Was bisher geschah im Konflikt um die Region Bergkarabach

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  • Der Konflikt um die Region Bergkarabach dauert schon seit Mitte der 1990er-Jahre an.
  • Im ersten Krieg 1992 bis 1994 ging es den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken um die Kontrolle über das Gebiet. Armenische Truppen vertrieben damals die aserbaidschanische Minderheitsbevölkerung und errichteten eine armenisch besiedelte Republik.
  • Im zweiten Krieg 2020 eroberte Aserbaidschan die umliegenden Regionen und einen Teil von Bergkarabach.
  • Drei Jahre nach dem letzten Krieg um Bergkarabach setzt Aserbaidschan erneut auf militärische Gewalt und fordert die totale Assimilation der armenischen Bevölkerung in der Region. Der armenischen Bevölkerung droht nun die Vertreibung aus der Region. Derzeit gilt eine Waffenruhe.

Wenn den Armenierinnen und Armeniern in Karabach jetzt etwas passiere, sagt die Frau, müsse das auf dem Gewissen der russischen Friedenstruppen lasten. Russland galt einst als Schutzmacht Karabachs. In Armenien äusserten auch Putin-Kritiker dafür eine gewisse Dankbarkeit. Das ist jetzt vorbei.

Fast 3000 Menschen aus Bergkarabach nach Armenien geflohen

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Mehr als 2900 Personen sind offiziellen Angaben zufolge bislang aus der Kaukasusregion Bergkarabach nach Armenien geflohen. Das sei der Stand von Montagmorgen, teilte die armenische Regierung mit. Es leben rund 120'000 ethnische Armenier in Bergkarabach, welche befürchten, von Aserbaidschan unterdrückt zu werden. Deshalb bereitet sich die armenische Regierung auf eine Flüchtlingswelle vor.

Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan sagte, für die armenische Bevölkerung in Karabach gebe es eine Zukunft in Aserbaidschan, das ist für einige ein Grund, seinen Rücktritt zu fordern. Das will auch Maryam, deren Schwester im umzingelten Karabach eingeschlossen ist.

Die Zeit sei aber zu knapp für eine Revolution. Sie fordere deswegen von Paschinjan, mit Aserbaidschan und der Türkei um die Sicherheit der Menschen in Karabach zu verhandeln. Tatsächlich tut dies Paschinjan seit Wochen, verzweifelt, bislang aber ohne konkretes Ergebnis.

Menschen versammeln sich auf dem Platz der Republik.
Legende: Die Demokratie wird in Armenien von vielen Menschen geschätzt. SRF

Nicht alle befürworten den Protest auf dem Platz der Republik. Vor laufendem Mikrofon will niemand darüber sprechen, aber die Forderungen nach einer Revolution gegen Premier Paschinjan schrecken viele ab. Nikol Paschinjan gilt als erster demokratischer Anführer von Armenien. Viele Armenierinnen und Armenier schätzen diese Demokratie und wollen keine Rückkehr zur korrupten ehemaligen Elite, die bei den Protesten ihre Hand im Spiel haben soll.

Einen Putsch gegen Paschinjan will die 18-jährige Melanie nicht. Trotzdem ist sie zum Protest erschienen. «Ich bin aus Stepanakert in Karabach. Meine ganze Familie ist dort. Ich bin zum Studieren nach Eriwan gekommen. Ich bin ganz alleine da. Ich will einfach, dass meine Familie zu mir kommen kann und in Sicherheit ist.» Zwei Stunden später ist die Menge deutlich angeschwollen. Tausende Menschen stehen auf dem Platz der Republik. Eine weitere Nacht des Protests erwartet Eriwan.

Korrekturhinweis

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In einer ersten Fassung haben wir im zweiten Absatz von «assyrischen Truppen» und «assyrischen Gräueltaten» berichtet. Gemeint war jedoch «aserisch». Die Stellen im Text wurden dementsprechend angepasst.

Echo der Zeit, 24.09.2023, 18:00 Uhr

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