SRF News: Der deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel hat vor Türkeireisen und Investitionen in dem Land gewarnt. Auslöser war die Verhaftung eines deutschen Amnesty-Mitarbeiters in der Türkei. Können Sie die Haltung Deutschlands nachvollziehen?
Roland Rino Büchel: Ja, ich kann sie durchaus nachvollziehen. Es wurde lange nichts getan. Die Rhetorik in der Türkei war scharf und Deutschland hat eher mässig reagiert. Jetzt scheinen auch die Deutschen massiver zu reagieren. Vergessen wir nicht: In zwei Monaten sind Wahlen. Das hat sicher auch einen Einfluss.
Politisch warnen und Druck machen wie Deutschland, müssen wir nicht.
Das Aussendepartement in Bern sieht keinen erhöhten Handlungsbedarf und weist nur auf erhöhte Risiken in der Türkei hin. Müsste die Schweiz auch härter gegenüber Ankara auftreten?
Es gibt zwei Seiten. Die Terrorismus-Risiken sind vorhanden, aber das gilt auch für Paris und deutsche Städte. Davor muss man natürlich warnen. Aber politisch warnen und Druck machen wie jetzt Deutschland, müssen wir nicht. Deshalb halte ich die Reaktion des Aussendepartements für richtig.
Es ist nicht unsere Aufgabe, sich hier einzumischen.
Wieso soll die Schweiz nicht auch reagieren?
Deutschland ist eine Grossmacht. Es spielt eine wichtige Rolle in der EU und hat grosse Rüstungs-Deals mit der Türkei. Die beiden Länder haben eine sehr enge politische Verflechtung. Das haben wir nicht. Wir sind ein neutraler Kleinstaat. Es ist nicht unsere Aufgabe, sich hier einzumischen. Aber wenn ein Schweizer Bürger betroffen wäre, würde es durchaus Sinn machen, stärker rhetorisch aufzutreten.
Dass Leute willkürlich verhaftet werden, ist vielleicht vorgekommen. Von Schweizer Fällen weiss man nichts. Die Gefahr ist also nicht wahnsinnig gross.
Ist das Reisen in die Türkei aus Schweizer Sicht noch sicher?
Was heisst sicher? Ist es sicher nach Paris oder Berlin zu gehen? Ich habe keine Angst. Aber ich kann verstehen, wenn Leute Angst haben. Die Grundangst vor Terrorismus, der überall zuschlagen kann, ist natürlich vorhanden. Und diese Gefahr besteht auch in der Türkei. Dass Leute willkürlich verhaftet werden, ist vielleicht vorgekommen – offenbar sind jetzt neun Deutsche in Haft. Von Schweizer Fällen weiss man nichts. Die Gefahr ist also nicht wahnsinnig gross. Man muss nicht alles hochspielen und die Welt ist halt nicht so, wie man sie gerne hätte. Aber eine Riesengefahr für Leute besteht meiner Meinung nach nicht.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.