Früher, in der jungen Bundesrepublik, war es ganz einfach: Für die Wahl-Werbung wird ein Wahl-Plakat gestaltet, ein Sujet, vielleicht zwei. Darauf abgebildet: Der Kanzlerkandidat mit ernster Miene, darunter sein Name – fertig.
Als Deutschland dann langsam in die Pubertät kam, wurden auch die Wahl-Strategen etwas frecher: «Willy wählen» stand gross auf den Buttons, welche die Willy-Brandt-Fans ans Revers hefteten. Der Vorname als Symbol, der Kanzler wird zum Duzfreund, die Politik nahbar. Alle vier Jahre ein bisschen frecher, immer mehr war möglich.
Heute ist: alles möglich. Internet sei Dank. Es wird zielgruppengenau geworben. Für die Oma und die allgemeine Beschallung dient nach wie vor das Plakat. Mit einfachen Botschaften, schönen Bildern, gut ausgeleuchteten Kandidaten. Auch der Sozialdemokrat trägt immer noch Krawatte, rot immerhin.
Ganz anders im Internet: Da machen die Kandidaten Spässchen, da sieht man die Kanzlerin kichern und auch der Kandidat macht Kapriolen.
Die SPD-nahe Gewerkschaft IG Metall hat nun einen Spot auf Youtube geschaltet, der nichts hat von der strengen Atmosphäre des Deutschen Bundestags, der nicht nach ernsten Themen wie Betreuungsgeld oder Rentensicherung riecht. Da geht’s zur Sache.
«Geh wählen»
Wie schmerzhaft die schwarz-gelbe Bundesregierung in den Augen der Sozis ist, demonstriert der Athlet am Schwebebalken, der sehr, sehr unglücklich landet. Die Diskussionskultur der jetzigen Regierung wird illustriert mit einem Ausschnitt aus einer TV-Diskussion, die nicht mit Argumenten, sondern mit dem Hackebeil geführt wird.
Schöne, neue Welt: Auch die Bürgerlichen machen mit bei der Reduktion. Seit ein paar Tagen wirbt ein Plakat am Berliner Hauptbahnhof für Angela Merkel. Zu sehen nur Merkels typische Geste: die Raute. Die Kanzlerin presst alle fünf Fingerspitzen gegeneinander – das reicht.
Die Ironisierung wird als Marke geführt, die Kanzlerin ist der Star, den die Leute schon so gut kennen, dass sie sie an ihrer Körperhaltung erkennen. Das wirkt sympathisch, sagen sich die Spin-Doctors aus dem Adenauer-Haus wohl – und mancher Wähler, manche Wählerin sagt wohl danke: Danke, dass die Inhalte für einmal ausbleiben.