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Billige Arbeitskräfte in Japan Einen Job gesucht, den Tod gefunden

Eine Berufsausbildung in Japan ist für junge Menschen aus asiatischen Schwellenländern attraktiv. Doch der Preis ist hoch.

Arbeitsunfälle, Krankheit, Überarbeitung und auch Suizide – Thich Tam Tri gehen die Todesfälle nahe. Die buddhistische Nonne stammt ursprünglich aus Vietnam, jetzt betreut sie Landsleute in Japan. «Morgen habe ich eine Trauerfeier in Nagoya und nächste Woche eine in Yamaguchi. Beide Verstorbenen waren in ihren Zwanzigern.»

Nonne vor dem Schrein
Legende: Thich Tam Tri stammt ursprünglich aus Vietnam, jetzt betreut sie Landsleute in Japan. Martin Aldrovandi/SRF

Als «technische Praktikanten» werden die Auszubildenden aus dem Ausland in Japan bezeichnet. «Die japanischen Unternehmen stellen sie an, weil sie wenig kosten, und registrieren sie dann als Praktikanten», erklärt Rie Yoshimzu – sie hilft mit bei der Organisation der Trauerfeier. Yoshimzu setzt sich für die Rechte von Vietnamesinnen in Japan ein.

Buddhistische Gedenktafeln
Legende: Für einige endet der Japanaufenthalt mit dem Tod. Die japanische Regierung zählte über 170 Todesfälle in nur fünf Jahren. Martin Aldrovandi/SRF

Klar, dies sind Extremfälle – und klar, sie machen nur einen kleinen Teil der 300’000 meist jungen Menschen aus, die in Japan allein im letzten Jahr als «technische Praktikanten» gemeldet waren.

Mehrere tausend Franken zahlen, um zu arbeiten

Wie hart solche Arbeitshilfen anpacken müssen, weiss Le Thi Thao. Sie ist 26 Jahre alt und arbeitet seit drei Jahren als Küchenhilfe in einer Kantine. Damit sie nach Japan kommen konnte, musste sie einer Agentur mehrere tausend Franken bezahlen. Sie selbst erhielt von ihrem japanischen Arbeitgeber aber nur 600 Franken im Monat.

«Die Arbeit ist hart, es ist anstrengend hier. Aber inzwischen komme ich ganz gut zu Recht.» Nur: Le Thi Thao muss Japan wieder verlassen. Sie sei ihrem Arbeitgeber zu teuer geworden, sagt sie. Der suche jetzt günstigere Praktikanten.

Nonne vor dem Altar
Legende: Die Geburtsjahre der Verstorbenen fallen sofort auf: 1989, 1992 und gar 1996. Martin Aldrovandi/SRF

Japans Regierung ist sich des Problems bewusst und hat versprochen, die Unternehmen stärker zu überwachen. Denn: Japan ist auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen, die eigene Gesellschaft altert. So hat sich das Land in diesem Jahr auch für gewöhnliche Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Ausland weiter geöffnet.

Nonne Thich Tam Tri zündet Räucherstäbchen an. Auf dem kleinen Altar im Tempel stehen Dutzende Gedenktafeln verstorbener Vietnamesen. Die Geburtsjahre fallen sofort auf: 1989, 1992 und gar 1996. Zwischen den Tafeln liegen Opfergaben für die jungen Vietnamesinnen: Äpfel, Joghurt-Drinks und Schoko-Kekse.

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