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Brandrodungen und Monokultur Palmölplantagen verdrängen Urwald auf Borneo

Indonesien ist der grösste Palmölproduzent der Welt. In Kalimantan auf Borneo haben die Palmölplantangen verheerende Auswirkungen auf Umwelt und Tiere.

Im Tanjung Puting Nationalpark klingt es wieder nach Urwald. Doch viele Bäume ragen nur noch als abgebrannte Skelette aus dem Boden. Machtlos seien sie gewesen, als das Feuer hier vor zwei Jahren gewütet habe, erinnert sich Hisam, der im Nationalpark arbeitet: «Wir haben die Flammen mit Schaufeln bekämpft. Wir haben nach Wasser gegraben und gehofft, dass uns jemand hilft. Wir haben um Tausende Jungbäume geweint, die wir in den Jahren zuvor gesetzt hatten.»

Totes Gehölz
Legende: Örtliche Bauern, den kurzfristigen Profit vor Augen, haben die Feuer um den Nationalpark gelegt. Karin Wenger

Es brannte wochenlang. Die Feuerwehr war langsam und schlecht ausgerüstet. Die Flammen verschlangen 60'000 Hektaren Wald, ein Sechstel des Parks. Die Wut ist Hisam geblieben: «Ich wollte alle umbringen, die dieses Feuer gelegt hatten. Es waren lokale Bauern und eine Palmölfirma, die gleich ausserhalb des Nationalparks mit Brandrodungen Platz schafften für ihre Plantagen.»

Damals, vor zwei Jahren, verbrannte in Indonesien eine Regenwaldfläche, die halb so gross war wie die Schweiz. Laut Cifor, dem Zentrum für internationale Forstwissenschaft, gelangten damals wegen der Flammen täglich 11,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft. Das ist mehr CO2 als in der gesamten Europäischen Union täglich ausgestossen wird.

Denn obwohl das gesetzlich verboten ist, werden immer noch gigantische Flächen Wald durch Brandrodungen zerstört, um darauf Palmölplantagen anzulegen. Heute ist die Palmölindustrie eine der wichtigsten Industrien Indonesiens. Plantagen dehnen sich auf Millionen von Hektaren Land aus; nur noch die Hälfte des einstigen Regenwalds auf Borneo ist übrig.

Bild aus dem Flugzeug auf riesige Plantage
Legende: Palmölplantagen, riesige Monokulturen, haben einen Grossteil der Waldfläche Borneos weggefressen. Karin Wenger

Das hat schwerwiegende Folgen. Auch für die Tiere. In einem Waldstück der «Borneo Orang-Utan Survival Foundation», kurz BOS, tummelt sich das dreijährige Orang-Utan Baby Valentino mit weiteren kleinen Menschenaffen. BOS ist die weltweit grösste Aufnahme- und Auswilderungsstation von Orang-Utans.

Valentino sei wie viele der mehr als 400 Orang-Utans, die hier Schutz gefunden haben, aus einer Palmölplantage gerettet worden, sagt Denny Kurniawan, der Manager von BOS. «Die Orang-Utans leben auf einem Gebiet zwischen Null und 500 Metern über Meer» erklärt er. «Doch seit 2005 hat die Regierung Palmölkonzernen genau in diesem Gebiet Landkonzessionen erteilt. Die Orang-Utans müssen fliehen.»

Orangutan-Babys
Legende: Menschenaffen, ihres Lebensraumes beraubt. Um viele von ihnen kümmert sich die Stiftung BOS. Karin Wenger

Waldbrände, Zerstörung von Lebensraum, Vertreibung von Orang-Utans, Konflikte mit der lokalen Bevölkerung: Das ist die düstere Bilanz nach Jahrzehnten der Palmölproduktion. Indonesiens Präsident Joko Widodo zog deshalb vor einem Jahr die Notbremse und erliess ein fünfjähriges Moratorium für neue Palmöl-Konzessionen. Daniel Murdiyarso, Wissenschaftler am Forstzentrum Cifor, sagt jedoch, es fehle nicht an Gesetzen, sondern an deren Umsetzung: «Das Gebiet ist einfach zu gross für die wenigen Personen, die es kontrollieren sollten.»

Stefano Savi hingegen will den Kopf nicht in den Sand stecken. Er arbeitet für den «Roundtable on Sustainable Palm Oil» (RSPO). Das ist eine Initiative, die 2004 ins Leben gerufen wurde, um die Produktion von Palmöl nachhaltiger, umwelt-, menschen- und tierfreundlicher zu machen. «Die grösste Herausforderung ist es, die Balance zwischen Entwicklung und Nachhaltigkeit zu finden. Wir müssen Methoden entwickeln, um mehr Öl auf weniger Land zu produzieren.»

Palmfrüchte am Strunk, orange bis rot.
Legende: Palmfrüchte sind nicht per se des Teufels. Bloss aus nachhaltigem Anbau müssten sie sein. Karin Wenger

Um damit Erfolg zu haben, müssten künftig viel mehr Palmölproduzenten die Nachhaltigkeitsstandards einhalten, mahnt Savi. Denn nur gerade 20 Prozent der weltweiten Palmölproduzenten sind RSPO-zertifiziert. Verteufelung von Palmöl per se helfe jedoch wenig, findet Savi: «Heute sagen viele in Europa: Wir wollen gar kein Palmöl mehr. Aber dieses Schwarz-Weiss-Denken ist gefährlich und löst das Problem nicht.» Zertifiziertes Palmöl sei die Lösung. «Aber wir können es den Leuten nicht aufzwingen. Sie müssen es einfordern. Es braucht ein Umdenken.»

Ein Umdenken hin zu besseren Produktionsstandards bei Abnehmern, Konsumenten, aber auch bei Banken, die in Palmölplantagen investieren. Doch genau da gibt es weiterhin grosse Widersprüche zwischen propagierten Nachhaltigkeitsstandards und deren Umsetzung. So vergab laut der «New York Times» ein Syndikat von internationalen Banken, angeführt von der Schweizer Grossbank Credit Suisse, vor zwei Jahren einen Kredit von 235 Millionen Dollar an die Rajawali Gruppe und ihr Palmöl-Joint-Venture «Green Eagle Holdings».

Dunkle Wolken über einer Strasse, beidseits Palmen.
Legende: Die Credit Suisse führt eine Bankengruppe an, die ein fragwürdiges Palmöl-Joint-Venture mitfinanziert. Karin Wenger

Menschenrechts- und Umweltorganisationen werfen dem Konglomerat vor, Pitland zu zerstören, Wald illegal zu roden und Gewalt gegen Arbeiter anzuwenden. In ihren Nachhaltigkeitsrichtlinien schreibt die CS ausdrücklich, dass sie mit solchen Firmen nicht zusammenarbeite. Die Bank ist zudem ein Mitglied von RSPO. Auf die Frage nach der Finanzierung der Rajawali-Gruppe sagte die CS aber nur, sie äussere sich nicht zu möglichen Kundenbeziehungen.

Solange Richtlinien dazu missbraucht werden grün zu waschen, was nicht grün ist, wird auch die Palmölproduktion ihren schlechten Ruf nicht so schnell verlieren. Und solange werden im Tanjung Puting Nationalpark weiterhin jeden Abend die Parkwächter ausschwärmen, kiloweise Bananen auf den Armen, und die Orang-Utans zur Fütterung rufen. Orang-Utans, die wegen der Plantagen aus ihren Lebensräumen vertrieben wurden und im Park ein neues Zuhause haben.

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