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Brasiliens Präsident in China «Lula hofft, einen Teil der chinesischen Gelder zu gewinnen»

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva reist am Dienstag nach China. Dabei geht es in erster Linie um wirtschaftliche Interessen - und in diesem Kontext möglicherweise auch um Teilhabe an der neuen Seidenstrasse. Mit diesem Projekt finanziert Peking weltweit Verkehrs- und Handelsinfrastruktur. Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado ordnet das Treffen ein.

Teresa Delgado

Südamerika-Korrespondentin

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Teresa Delgado hat an der Universität Freiburg und in den USA Geschichte, Englisch und Spanisch studiert. Seit 2016 ist sie Redaktorin und Produzentin bei Radio SRF. 2021 und 2022 berichtete sie als Auslandredaktorin aus Spanien, Portugal und den USA. Seit 2023 ist sie Südamerika-Korrespondentin mit Sitz in Santiago de Chile.

SRF: Welche Hoffnung setzt Brasiliens Präsident Lula da Silva in Peking?

Teresa Delgado: Lula hofft auf wichtige Handelsverträge und Abkommen für die brasilianische Wirtschaft. Er wird begleitet von 240 brasilianischen Geschäftsleuten. Und es geht auch um diplomatische Anliegen: Lula wünscht sich Unterstützung von China für einen permanenten Sitz Brasiliens im UNO-Sicherheitsrat. Und Lula will auch im Krieg zwischen Russland und der Ukraine vermitteln.

Welchen Stellenwert hat China für Brasilien?

China ist seit Jahren der wichtigste Handelspartner Brasiliens, noch vor den USA. Unter Bolsonaro schottete sich Brasilien aussenpolitisch zwar weitgehend ab, aber nun ist Lula wieder da. Er will zeigen, dass Brasilien aussenpolitisch wieder zurück ist. Die Beziehungen mit China sollen wieder normalisiert und auch ausgebaut werden. Zum Beispiel soll der Handel zwischen den beiden Ländern neu in chinesischen Yuan abgewickelt werden statt in US-Dollar. Darauf haben sich Brasilien und China schon vor dieser Reise verständigt.

Worum geht es bei den Verhandlungen konkret?

Konkret geht es diese Woche um verschiedene Geschäftsinteressen. Brasilien exportiert viel Fleisch nach China. Bisher gelten für diese Exporte strenge Regeln. Wenn auch nur ein Fall von Rinderwahn in Brasilien auftaucht, wird der Export nach China sofort ausgesetzt, bis entsprechende Hygienekontrollen durchgeführt wurden. Da gehen der brasilianischen Fleischindustrie jeweils Millionen verloren.

Lula wünscht sich ganz klar mehr Flexibilität von China.

Hier wünscht sich Lula ganz klar mehr Flexibilität von China. Ausserdem will Lula mit Xi Jinping über eine Autofabrik sprechen, im Nordosten Brasiliens, in der Region Bahia. Dort hat bis vor kurzem der US-amerikanische Autohersteller Ford Autos produziert. Dieser hat sich aber inzwischen zurückgezogen. Lula hofft, dass nun ein chinesischer Autobauer in die Bresche springt und die Fabrik übernimmt, sodass diese Jobs in Brasilien erhalten bleiben.

Wie realistisch ist es, dass sich Brasilien dem chinesischen Infrastrukturprojekt der neuen Seidenstrasse anschliesst?

Das sind noch Gerüchte, aber es würde schon zu Lulas bisheriger Chinapolitik passen. Lula will Brasiliens Infrastruktur ausbauen. Er hat einen alten Traum von einem Hochgeschwindigkeitszug zwischen São Paulo und Rio de Janeiro. Das wären 450 Kilometer.

Lula hofft, einen Teil der chinesischen Gelder für Brasilien zu gewinnen.

Dafür braucht es Investitionen. Diese könnte Lula in China finden oder auch bei der Brics-Staatengruppe. Brasilien und China sind ja zusammen mit Russland, Indien und Südafrika in diesem Wirtschaftsbündnis. Sie haben auch eine gemeinsame Bank. Dieser steht Lulas Vertraute Dilma Rousseff vor. Lula hofft, einen Teil der chinesischen Gelder für Brasilien zu gewinnen.

Das Gespräch führte Yves Kilchör.

SRF 4 News, 11.04.2023, 10:38 Uhr ; 

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