EU-Ratspräsident Donald Tusk will den Brexit in zwei Schritten verhandeln: Erst die Trennung, dann die Grundlagen für die Zusammenarbeit nach dem Brexit. Dagegen fordert die britische Premierministerin Theresa May, dass die beiden Punkte zusammen verhandelt werden. Die vorliegenden EU-Richtlinien für den Brexit deuten auf schwierige Verhandlungen hin.
SRF News: Warum ist der EU eine Verhandlung in zwei Schritten so wichtig?
Sebastian Ramspeck : Weil das nur auf den ersten Blick eine Verfahrensfrage ist. Die EU setzt damit klar ihre Interessen an erste Stelle. Konkret: Grossbritannien soll weiterhin zahlen, zum Beispiel die künftigen Pensionen der EU-Beamten. Dann muss der Status der in Grossbritannien lebenden EU-Bürger gesichert sein. Und schliesslich muss das künftige Verhältnis zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland geklärt werden, denn dort entsteht ja eine neue EU-Aussengrenze. Die EU sagt: Nur wenn es in diesen Punkten eine Lösung gibt, kann man über den künftigen Handel oder die Finanzdienstleistungen sprechen.
Was sind denn die wichtigsten Prinzipien der EU bei den Verhandlungen?
Den vollen Zugang britischer Unternehmen zum Markt der EU für Güter und Dienstleistungen gibt es nur, wenn Grossbritannien auch die Personenfreizügigkeit akzeptiert – was die britische Premierministerin Theresa May aber bereits kategorisch ausgeschlossen hat. Das Feilschen zwischen der EU und den Briten könnte also ähnlich verlaufen wie ziwschen der EU und der Schweiz im letzten Jahr.
Das Dokument, das heute öffentlich wurde, ist erst ein Entwurf. Wie geht es jetzt auf EU-Seite weiter?
Diesen Entwurf werden jetzt die 27 verbleibenden Mitgliedsstaaten diskutieren. Der Fahrplan sieht vor, dass sich am 29. April die EU-Staats- und -Regierungschefs über diese Richtlinien einigen. Es wird sich also bald zeigen, ob eine Einigkeit herrschen wird, die EU-Ratspräsident Donald Tusk so inständig beschworen hat. Dass sich die EU-Länder von den Briten auseinander dividieren lassen, ist das grösste Risiko auf Seiten der EU.
Das Gespräch führte Angélique Beldner.