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Brexit-Grundsatzrede von May «Die EU war nie integraler Bestandteil des Nationalgefühls»

Die britische Premierministerin Theresa May versucht in ihrer Grundsatzrede die britische Position zu erklären.

  • Die Rede der britischen Premierministerin Theresa May kommt zu einer kritischen Zeit in der Beziehung zwischen der EU und Grossbritannien.
  • May sagt, sie sei optimistisch, dass der Brexit gut durchgeführt werden kann. Es werde ein wichtiger Moment in der Geschichte Grossbritanniens werden.
  • Grossbritannien wolle der EU-Reform nicht im Weg stehen. Stattdessen wolle man eine starke Freundschaft pflegen.

Immigration und Terrorismus seien Probleme, die nur gemeinsam mit der EU gelöst werden könnten, sagte May. Grossbritannien sei der Sicherheit Europas rückhaltlos verpflichtet. Die Entscheidung der Briten über den Brexit zeige aber, wie sie Demokratie verstehen würden. So sei die EU für die Briten auch nie ein integraler Bestandteil ihres Nationalgefühls gewesen.

«Falls die Brexit-Gespräche scheitern, werden nur jene davon profitieren, die gegen unsere Werte sind», so May. Für Europas Zukunft wäre das schlecht, sagte sie. Sichtbare Grenzen zwischen Nordirland und Irland wolle sie keine zulassen.

Handelskonflikte könnten nicht gelöst werden

Bezüglich der Verhandlungen verstehe sie, dass die vier Freiheiten der EU nicht teilbar seien, so May. Damit meinte sie den freien Warenverkehr, die Personenfreizügigkeit, die Dienstleistungsfreiheit sowie den freien Kapital- und Zahlungsverkehr. Es gäbe aber keine Notwendigkeit für Zölle, «wo wir derzeit auch keine haben.» Die Mitgliedschaft im EWR sei keine gute Lösung für Grossbritannien.

Zudem müsse man bedenken, dass Handelskonflikte weder von britischen Gerichten, noch vom Europäischen Gerichtshof gelöst werden könnten. May sprach sich für «kreative Lösungen» in den künftigen Handelsbeziehungen aus. Modelle nach dem Vorbild etwa von Norwegen und Kanada lehne sie ab, sagte May. «Wir möchten Hand in Hand mit der EU zusammenarbeiten und nicht mehr ein Teil von ihr sein.»

Grossbritannien soll EU im März 2019 verlassen

Die Länge der Übergangsphase hänge davon ab, wie lange es dauern werde, neue Arrangements zu erzielen. May rechnet mit etwa zwei Jahren. «Wir werden die EU wie geplant im März 2019 verlassen.» May sagt: «Wir sind dazu in der Lage, alle finanziellen Folgen von Brexit zu bewältigen.»

«Grossbritannien wird zu seinen EU-Haushaltsverpflichtungen stehen.» Eine Summe nannte die Premierministerin jedoch nicht. Allgemein hätte man bei den Verhandlungen wichtige Fortschritte gemacht. Nach drei Verhandlungsrunden habe es in vielen wichtigen Fragen konkrete Fortschritte gegeben. Dies sei der Professionalität und der Sorgfalt des EU-Unterhändlers Michel Barnier und des britischen Brexit-Ministers David Davis zu verdanken.

Bürgermeister hisst EU-Flagge

Kurz vor der Brexit-Rede von May hatte der Bürgermeister von Florenz die EU-Flagge am Rathaus gehisst. «Florenz, die europäische Stadt des Dialogs und Kulturhauptstadt, heisst Premierministerin Theresa May willkommen, die das historische Herz Europas für ihre wichtige Rede gewählt hat», schrieb Dario Nardella auf Facebook. Alle hätten nun Gelegenheit, ein «zunehmend vereintes, vielfältiges und starkes Europa» zu schaffen.

Das sagt Grossbritannien-Korrespondent Martin Alioth

Mays Rede war wohl kein Befreiungsschlag, aber immerhin ein Indiz dafür, dass die britische Premierministerin Brüssel zuhört und nun versucht, eine britische Verhandlungsposition zu skizzieren, um die Gespräche wieder in Fahrt zu bringen. Klar geworden ist, dass die britische Regierung eine zweijährige Übergangszeit nach dem Austritt anstrebt, in der alles beim Alten bleiben soll. So bleibt mehr Zeit für Verhandlungen und für Unternehmen gibt es mehr Rechtssicherheit.
Auch nach der Rede herrscht keine Klarheit darüber, welche Summe London bereit ist zu bezahlen, um die Altschulden zu begleichen. Trotzdem sind sich Brüssel und London durch Mays Rede etwas näher gekommen – auch wenn das für einen raschen Verhandlungsdurchbruch noch nicht reichen dürfte.

May hat nach britischen Regierungsangaben die italienische Stadt für ihre Rede ausgewählt, weil es das «historische Herz» Europas sei. Bei der Brexit-Rede der britischen Premierministerin in Florenz war kein Vertreter der EU-Kommission anwesend. Das hat die Brüsseler Behörde bestätigt.

Am Montag beginnt eine neue Brexit-Verhandlungsrunde in Brüssel. Die Gespräche sind nach Angaben Barniers bislang kaum vorangekommen. Umstritten sind unter anderem die finanziellen Verpflichtungen des Königreichs beim Ausstieg, der für März 2019 terminiert ist.

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