- In den zähen Verhandlungen über den EU-Austritt Grossbritanniens verschärft der Brüsseler Unterhändler Michel Barnier den Ton.
- Der Franzose hat die Vorschläge aus London zum künftigen Verhältnis zwischen Irland und Nordirland vom Tisch gefegt und verlangt neue.
- Zudem bekräftigte Barnier die EU-Finanzforderungen an Grossbritannien und warnte London vor Illusionen zum künftigen Zugang zum EU-Binnenmarkt.
Das künftige Verhältnis des EU-Landes Irland zum britischen Nordirland gilt bei den Brexit-Verhandlungen als eine der kompliziertesten Fragen, die zuerst geklärt werden sollen. Denn nach dem Brexit wird die irische Insel, die derzeit wie ein gemeinsamer Wirtschaftsraum ohne Grenzen funktioniert, von einer EU-Aussengrenze durchzogen.
Eine Art Testlauf
Die britische Regierung hatte vor einigen Wochen vorgeschlagen, die Probleme mit einem Zollabkommen zu lösen und auf Grenzkontrollen auch künftig zu verzichten. Barnier wies dies jedoch zurück und warf der britischen Regierung vor, damit schon Pflöcke für die künftigen Beziehungen zur EU insgesamt einrammen zu wollen.
«Grossbritannien will, dass die EU an ihrer künftigen Aussengrenze ihre Gesetze ausser Kraft setzt ebenso wie die Zollunion und den Binnenmarkt», sagte Barnier. «Grossbritannien will das als eine Art Testlauf für die künftigen Zollbeziehungen zwischen Grossbritannien und der EU. Das wird nicht passieren.»
Irische Frage hat Priorität
Barnier präsentierte selbst ein Verhandlungspapier zu der irischen Frage, das aber ausdrücklich nur Grundsätze und keine praktischen Lösungen bieten soll. Diese Aufgabe obliege Grossbritannien, da dessen geplanter EU-Austritt die Probleme erst schaffe, heisst es darin.
Die EU will die irische Frage – sowie den künftigen Status von EU-Bürgern in Grossbritannien und die Schlussrechnung für das Vereinigte Königreich – zuerst klären. Eigentlich wollte man das bis Ende Oktober schaffen, doch äussert sich die EU-Seite zum Zeitplan inzwischen skeptisch. Erst in einer zweiten Phase will die EU über die künftigen Handels- und Sicherheitsbeziehungen sprechen.
Abstimmung am Montag
Im britischen Parlament begann derweil die zweite Lesung zum sogenannten Aufhebungsgesetz. Damit soll EU-Recht in britisches Recht übertragen werden, das in der Zeit nach dem Brexit nach britischem Ermessen verändert werden könnte. Die Opposition sieht das Gesetz kritisch, weil sich die Regierung dabei weitreichende Kompetenzen übertragen lassen will.
Für Premierministerin Theresa May wird die erwartete Abstimmung über das Gesetz am kommenden Montag zum ersten grossen Test seit der schiefgelaufenen Neuwahl im Juni, bei der ihre Konservativen die Mehrheit im Parlament einbüssten.