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Britischer Geheimdienst Der nächste «Q»: Der MI6 sucht den Super-Tüftler

«Q» gehört in jeden guten Bond-Film. Nun sucht der britische Geheimdienst offiziell nach einem genialen Waffenmeister.

Explodierende Kugelschreiber, schwimmende Autos oder eine Uhr mit eingebautem Fallschirm. Dies sind die gefährlichen Utensilien, die der Geheimdienst-Mann «Q» seit 50 Jahren im Untergrund von London zusammenbastelt, damit die MI6-Agenten im heroischen Kampf gegen das Böse das Königreich und ihre Haut retten können.

«Q» ein Gemisch aus Ingenieur, Genie und weltfremdem Spinner soll aber nicht mehr länger eine Fiktion bleiben, sondern die Regierung ihrer Majestät auch in der realen Welt unterstützen. Dies verkündete kürzlich Richard Moore, der echte Chef des echten Auslandgeheimdienstes MI6, dem verdutzten britischen Publikum in einem Radio-Interview.

Man suche tatsächlich einen «Q». Gesucht werde nach einem erfahrenen Ingenieur aus den Branchen Digitaltechnologie oder Maschinenbau. Und tatsächlich publizierte der MI6 einen Tag später ein entsprechendes Inserat, in dem zu lesen ist: «Als ‹Q› sind Sie verantwortlich für die Teams, die unsere Dienste mit Technologien ausrüsten, um unsere Missionen gegen die härtesten Gegner des Vereinigten Königreichs erfolgreich zu bestehen.»

Dass Nachrichtendienste längst nicht mehr auf zwielichtige Figuren mit Schlapphüten und Regenmänteln setzen, welche die Welt mit brachialer Gewalt zurechtrücken, sondern auf kluge Köpfe aus der Wissenschaft, ist bekannt. Neu ist dagegen, dass der Geheimdienst seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Zeitungsinserat sucht.

Aufnahme als «Licence to Kill»
Legende: Die «Lizenz zum Töten», quasi ausgehändigt vom legendären Desmond Llewelyn in seiner Rolle als «Q» (rechts Timothy Dalton als James Bond, links: Carey Lowell als Pam Bouvier). Keystone

MI6-Chef Moore hofft, mit diesem Griff in die PR-Trickkiste den Dienst der breiten Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen und so geeignete Talente rekrutieren zu können.

«Q», der 007 mit explosiven Spielzeugen versorgt, ist britisches Kulturgut wie die Beatles oder Harry Potter. Dass die Regierung ihrer Majestät nun ausgerechnet einen echten «Q» sucht, ist vielleicht kein Zufall.

Q-Utensilien
Legende: Harmlose Alltagsgegenstände? Von wegen! Unter «Q»'s Ägide wurden daraus Mordutensilien und technische Wundergadgets. Nun sucht der britische Geheimdienst seinen legitimen Nachfolger. Reuters

Downing Street kämpft in diesen Tagen an allen Ecken und Enden gegen unliebsame Kräfte: Wallpaper-Gate – die Frage wer die neuen Tapeten im Wohnzimmer des Premierministers bezahlt hat – löste in den vergangenen Tagen einen kräftigen Sturm der Entrüstung aus.

Dazu kommen Ablösungstendenzen von Nordirland bis nach Schottland. Gegen die Geister, die der Brexit und die angebliche Günstlingswirtschaft der Regierung hervorgerufen haben, würde im Moment nicht einmal ein Zauberministerium helfen. Aber «Q» könnte das angeschlagene Königreich vielleicht noch flicken, kleben oder kitten.

Echo der Zeit, 05.05.2021, 18 Uhr

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