Sahra Wagenknecht hatte mit ihrer Partei in Deutschland für Aufsehen gesorgt, der Partei gar ihren Namen gegeben – Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Nun tritt Wagenknecht als Parteichefin bei der nächsten Präsidiumswahl im Dezember nicht mehr an, wie die 56-Jährige am Nachmittag an einer Pressekonferenz angekündigt hat.
Damit verliert das BSW ihr Aushängeschild. Was heisst das nun für ihre Partei? Und was hat Sahra Wagenknecht zu diesem Schritt bewogen? Antworten liefert SRF-Deutschland-Korrespondentin Alexandra Gubser, die bei der Medienkonferenz dabei war.
Warum gibt Sahra Wagenknecht den Posten als Parteichefin ab?
Sahra Wagenknecht sagt, sie wolle den Kopf wieder freihaben, sich jenen Dingen zuwenden, die dem BSW wirklich helfen. Die Arbeit als Parteichefin gehört da offensichtlich nicht dazu. Dieses Klein-Klein in Gremiensitzungen war ihre Sache nicht, das hat sie über die letzten zwei Jahre aufgerieben. Wagenknecht wirkt seit einiger Zeit müde. Doch sie bleibt im Parteivorstand, will in einer Grundwerte-Kommission – die allerdings erst noch zu bilden ist – mitwirken und so das programmatische Profil der Partei stärken.
Ist das das Ende für das Bündnis Sahra Wagenknecht?
So schnell sollte die Partei nicht abgeschrieben werden. Es muss nicht ihr Ende sein. Klar ist: Die Partei verliert ihr Aushängeschild. Viele haben das BSW nur wegen Sahra Wagenknecht gewählt. Man muss aber auch sagen, dass das BSW einen fulminanten Start bei den Bundestagswahlen hingelegt hat, auch wenn es das Bündnis nicht in den Bundestag geschafft hat. In drei Landtagen ist die Partei präsent, etabliert und regiert teilweise mit. Dadurch hat sich das BSW auch etwas gewandelt, emanzipiert. Zudem steht für die Nachfolge mit dem Duo Amira Mohamed Ali, der bisherigen Co-Chefin, und neu mit Fabio De Masi, ein hochkarätiger Ersatz parat.
Wie wird das BSW künftig heissen?
Das BSW will seinen Namen auf eine etwas sperrige Konstruktion ändern: «Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft». Es gibt noch andere Vorschläge. Der neue Name muss am Bundesparteitag Anfang Dezember noch von den Parteimitgliedern bewilligt werden.
Zieht sich Wagenknecht damit aus der ersten Reihe der Politik zurück?
Ja, derzeit ist es ein Rückzug auf Raten. Doch noch ist Wagenknecht nicht im Vorruhestand. Denn sollte es das BSW doch noch in den Bundestag schaffen, will sie Fraktionschefin werden. Ihrem Bündnis hatten bei der Wahl im Februar 9500 Stimmen oder 0.018 Prozent gefehlt, um es über die 5-Prozenthürde ins deutsche Parlament zu schaffen. Bei einzelnen Überprüfungen der Wahlzettel musste dem BSW punktuell aber das Resultat nach oben korrigiert werden. Deshalb pocht Wagenknecht auf eine bundesweite Nachzählung. Rein statistisch ist es möglich, dass das BSW in diesem Überprüfungsprozess noch weitere Stimmen dazugewinnen und in den Bundestag einziehen könnte – was einem Erdbeben gleichkäme, da sich die Mehrheitsverhältnisse verschieben würden und Union und SPD keine Mehrheit mehr hätten. Aktuell prüft der Wahlausschuss des Bundestags den Antrag. Einen negativen Entscheid würde das BSW ans Bundesverfassungsgericht weiterziehen.