Die Lage im Bürgerkriegsland Myanmar spitzt sich weiter zu. Der bewaffnete Arm der Demokratiebewegung hat in der Hauptstadt Naypyidaw am Donnerstag nach eigenen Angaben Militärbasen mit Drohnen angegriffen. Darunter sei auch die Residenz des regierenden Junta-Generals Min Aung Hlaing. Laut den Regime-Medien wurden die Drohnen abgeschossen, Schäden habe es beim vereitelten Terrorangriff nicht gegeben.
Die Aussagen der Militärs seien unabhängig schwer zu überprüfen, doch der Angriff im Herzen der Junta sei an sich beachtlich und habe sicher eine starke symbolische Wirkung, sagt Südostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi. Die Volksbefreiungskräfte seien offenbar fähig, selbst den ziemlich abgelegenen und gut gesicherten Regierungssitz ins Visier zu nehmen.
Die Nationalen Einheitsregierung (NUG) machte in ihrer Stellungnahme deutlich, dass dem lang vorbereiteten Angriff weitere folgen würden – damit sich die Junta nirgendwo mehr sicher fühle.
Erstarkende Demokratiebewegung
Die Junta ist bereits seit Ende Oktober stark unter Druck, als eine Koalition mehrerer Gruppen gemeinsam eine Überraschungsinitiative startete und mehrere militärische Stützpunkte und Ortschaften im Norden und Westen des Landes einnehmen konnte. Im Zentrum Myanmars hat die Junta militärisch nach wie vor das Sagen, auch wenn die Unterstützung der Bevölkerung dort gering ist.
Zugleich ist in den letzten Monaten und ganz allgemein nach dem Militärcoup im Februar 2021 die Demokratiebewegung stärker geworden. Viele wandten sich damals von der Militärjunta ab oder bekämpfen sie seither. Viele Menschen sind innerhalb und ausserhalb des Landes auf der Flucht. Nicht zuletzt haben auch die verschiedenen bewaffneten ethnischen Minderheiten Gelände dazu gewonnen.
Junta militärisch klar überlegen
Militärisch ist die Junta aber nach wie vor besser ausgerüstet und verfügt über Flugzeuge. Damit werden auch Dörfer bombardiert und zivile Opfer in Kauf genommen. Von Ländern wie Russland kommt weiterhin Unterstützung. Fachleute bezweifeln, dass die Junta im Zentrum ihrer militärischen Macht in absehbarer Zeit gestürzt werden kann.
Zuletzt sorgte die Ankündigung der Wehrpflicht für junge Frauen und Männer für Aufsehen und zusätzliche Angst. Sie wollen so schnell wie möglich weg, um nicht eingezogen zu werden und dann gegen das eigene Volk kämpfen zu müssen. Auch bei der ethnischen Mehrheit im Zentrum des Landes schwindet der Rückhalt für die Junta. Vor allem bei den Jungen. Viele schlossen sich nach dem Coup dem bewaffneten Widerstand an.
Harte Sanktionen erwartet
Die Militärjunta unter General Min Aung Hlaing wird nun wahrscheinlich noch härter gegen die verschiedenen Gegner vorgehen, schätzt Aldrovandi. Die Bombardierung ziviler Ziele und die grosse Fluchtbewegung im Land würden in Kauf genommen.