Menschenrechtsverletzungen, Homophobie, Spionage – das Emirat Katar liefert vor der Fussball Weltmeisterschaft viele unschöne Schlagzeilen. Etwas harmloser, aber doch auch bedenklich, scheint die Warnung, dass Fussballfans per App auf dem Smartphone ausgehorcht werden könnten. Verschiedene Internetseiten warnen bereits davor.
Zugriff auf praktisch sämtliche Daten
Es sei, wie wenn man den Katarern seine Hausschlüssel überlassen würde. So schätzten Experten in einem Beitrag des öffentlich-rechtlichen norwegischen Fernsehens die Bedingungen ein, die man für den Besuch der WM-Spiele erfüllen muss.
Um in die Stadien zu gelangen, braucht es zwei spezielle Apps auf dem Smartphone. Sie heissen «Ehteraz» und «Hayya to Qatar 2022». Laut Datenschutzexperten erhält man dadurch Zugriff auf fast alle Daten, die auf dem mobilen Telefon gespeichert sind.
Den Angestellten des Bundes wurde empfohlen, das private Smartphone nicht nach Katar mitzubringen.
Die App «Ehteraz» sei die katarische Version der Corona-Warn-App in Deutschland, schreibt das Web-Portal «Netzwelt». Ehteraz habe nicht nur vollen Zugriff auf den Smartphone-Speicher, die App könne auch in Echtzeit die Standorte seiner Nutzer verfolgen und speichere Bluetooth- oder WLAN-Verbindungen in einer zentralen Datenbank.
Auch die der Bund hat reagiert. Er hat seinen Mitarbeitenden, die nach Katar reisen, per Mail Empfehlungen gemacht. Auf Anfrage teilt die Bundeskanzlei schriftlich mit: «Als Vorsichtsmassnahme wurde daher entschieden, die beiden Apps auf den Geschäftshandys zu sperren.» Dies habe man aufgrund der Medienberichte entschieden, heisst es in der Antwort. «Den Angestellten des Bundes wurde zudem empfohlen, auch das private Smartphone nicht nach Katar mitzubringen.»
Müssen Fans neues Smartphone kaufen?
Der Haken an der Sache ist, dass die Apps Voraussetzung sind, um in die Stadien zu gelangen sowie den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Wer also die Fussball-WM in Katar in Stadien sehen will, ist wahrscheinlich gut beraten, ein neues Smartphone zu kaufen, die nötigen Apps dort zu installieren und ansonsten so wenige Daten wie möglich zu speichern.
Für die Schweizer Fussballer habe man eine einfache Lösung gefunden, teilt der Schweizerische Fussballverband auf Anfrage ebenfalls schriftlich mit. «Wir haben uns mit dieser Frage ebenfalls beschäftigt. Mittlerweile haben wir eine einfache und gute Lösung: Unsere Delegation muss diese Apps nicht herunterladen, da Einreise und Stadioneintritt für unsere Delegation – also Staff, Funktionäre und Spieler – anders geregelt ist.»
Das Ganze erinnert an die Olympischen Spiele in China. Damals haben Sportverbände den Schweizer Sportlerinnen und Sportlern angeboten, Ersatz-Handys zu leihen, um sie vor möglicher Spionage zu schützen.