Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Bundesverwaltungsgericht Auch Flüchtlinge mit Kindern müssen nach Griechenland zurück

Das Bundesverwaltungsgericht präzisiert dies zu seiner bisherigen Rechtsprechung über Griechenland als Erstasylland.

Die Situation von Geflüchteten in Griechenland ist prekär. So prekär, dass die Schweiz – und auch Deutschland – eine Zeitlang keine Flüchtlinge mehr dorthin zurückschickte. Doch wer in Griechenland Asyl erhalten hat, muss zurückkehren.

Obwohl das griechische Asylsystem unbestritten Schwachstellen aufweise, geht das Staatssekretariat für Migration davon aus, dass «Personen mit Schutzstatus ihre existenziellen Bedürfnisse in Griechenland decken können.»

Bundesverwaltungsgericht fällt Referenzurteil

Nun präzisiert das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen in einem wegweisenden Entscheid, dass eine Rückkehr ins Erstasylland Griechenland auch für «Familien mit minderjährigen Kindern» zumutbar ist.

Das Bundesverwaltungsgericht ist sich dabei bei seinem Entscheid mit den Nichtregierungsorganisationen einig, dass sich die Lage für Flüchtlinge in Griechenland nicht erheblich verbessert hat. Nach wie vor gebe es für Flüchtlinge in Griechenland viele Hürden, ihre Existenz zu sichern. Vor allem die Wohnungssuche sei schwierig.

Ganz so schlimm wie während der Flüchtlingskrise ist es wohl nicht mehr.
Autor: Sarah Progin-Theuerkauf Professorin für Migrationsrecht, Universität Freiburg

«Ganz so schlimm wie während der Flüchtlingskrise ist es wohl nicht mehr», sagt Sarah Progin-Theuerkauf, Professorin für Europäisches Migrationsrecht an der Universität Freiburg. Trotzdem sei Griechenland halt immer noch ein relativ problematisches Land, weil die Infrastrukturen für Flüchtlinge und die Sozialleistungen nicht besonders gut seien.

Tatbeweis gefordert

Laut dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genügt allerdings der Verweis auf schwierige Lebensbedingungen nicht. Die Betroffenen müssten zeigen, dass es ihnen trotz Anstrengungen nicht gelungen sei, sich in Griechenland eine menschenwürdige Existenz aufzubauen.

Diese Haltung des Bundesverwaltungsgerichts überrascht Migrationsexpertin Sarah Progin-Theuerkauf nicht. In Europa gebe es insgesamt eine Tendenz, in diesem Bereich die Schraube ein bisschen anzuziehen. Das zeige sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf Unionsebene, aber auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Flüchtlinge müssten nachweisen, dass sie trotz aller Bemühungen keinen Schutz erhalten hätten. «Nur zu sagen, man sei eine Familie mit kleinen Kindern und könne deshalb nicht zurückgeschickt werden, reicht nicht mehr.»

Afghanische Familie betroffen

Im vorliegenden Fall muss eine afghanische Familie mit zwei minderjährigen Kindern zurück nach Griechenland, wo sie als Flüchtlinge anerkannt sind. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist endgültig.

Es muss schon der Staat sein, der den anerkannten Flüchtlingen hilft.
Autor: Sarah Progin-Theuerkauf Professorin für Migrationsrecht, Universität Freiburg

Das Bundesverwaltungsgericht schreibt, die Familie könne sich in Griechenland an Hilfsorganisationen wenden, um eine Unterkunft oder Arbeit zu finden. Progin-Theuerkauf beurteilt diese Aussage problematisch: «Man kann eigentlich nicht darauf vertrauen, dass Nichtregierungsorganisationen, die immer auch auf Spenden angewiesen sind, die Rolle des Staates übernehmen. Es muss schon der Staat sein, der den anerkannten Flüchtlingen hilft.»

Rendez-vous, 2.10.2025, 12:30 Uhr;weds

Meistgelesene Artikel