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Schluss mit Smog dank Elektrobussen
Aus Rendez-vous vom 09.10.2018. Bild: SRF. Martin Aldrovandi.
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Chinesische Metropole Blauer Himmel statt Smog

In Shenzhen läuft der gesamte öffentliche Verkehr elektrisch – was die Leute freut. Das Ganze hat aber einen Haken.

Bilder von smoggeplagten chinesischen Grossstädten gehen regelmässig um die Welt. Geht es nach Chinas Regierung sollen diese bald der Vergangenheit angehören.

Fabriken werden umgesiedelt, und seit einigen Jahren fördert die Regierung auch im grossen Stil Elektrofahrzeuge. Das gilt auch für den städtischen Nahverkehr. Die Metropole Shenzhen in Südchina an der Grenze zu Hongkong ist hier zuvorderst. Mit Tausenden von Elektrobussen ist sie – laut eigenen Angaben – die erste Millionenstadt weltweit, deren öffentlicher Verkehr komplett elektrisch fährt.

Blick in die Metropole mit Strassen und Hochäusern und einen blauen Himmel.
Legende: Shenzhen soll die erste Metropole der Welt sein, deren ÖV nur elektrisch betrieben wird. SRF/Martin Aldrovandi

Der türkisblaue Elektro-Bus fährt auf der zehnspurigen Strasse mitten durch Shenzhen. Er ist bis auf den letzten Platz besetzt. Der Motor surrt leise, zu hören sind vor allem die Lautsprecher-Durchsagen und die Passagiere.

Verglichen mit anderen Grossstädten ist die Luft in Shenzhen jetzt viel besser, und wir haben sogar blauen Himmel.
Autor: Frau Wang Buspassagierin und Einwohnerin von Shezhen

Die ÖV-Benutzer finden die neuen Busse gut. Zum Beispiel Frau Wang in der hintersten Reihe. Die Umwelt profitiere von den Elektro-Bussen, sagt sie: «Verglichen mit anderen Grossstädten ist die Luft in Shenzhen jetzt viel besser, und wir haben sogar blauen Himmel. Ich war auch schon in Peking und Shanghai, dort ist die Luftqualität nicht besonders gut.»

In zwei Jahren ganze Flotte ausgewechselt

Seit rund einem Jahr ist der gesamte öffentliche Verkehr in Shenzhen elektrisch. Das Ziel habe man ein halbes Jahr früher erreicht, als von der Regierung vorgegeben, sagt Ma Zhengyuan – nicht ohne Stolz.

Generaldirektor Ma Zhengyuan
Legende: Ohne Geld vom Staat, sagt Generaldirektor Ma Zhengyuan, wäre die Umstellung nicht möglich gewesen. SRF/Martin Aldrovandi

Ma ist der General-Direktor der Shenzhener Busbetriebe. Innerhalb von nur zwei Jahren wechselte das Unternehmen seine ganze Fahrzeugflotte aus: Insgesamt über 16'000 Busse – das ist das 70-fache der Zürcher Verkehrsbetriebe.

Die Umstellung war denn auch ein riesiges Unterfangen, erinnert sich Ma: «Wir mussten Ladestationen in der ganzen Stadt einrichten. Braches Land in Shenzhen ist beschränkt, wir konkurrierten mit Baufirmen um freie Parzellen. Dann mussten wir unsere Angestellten neu schulen. Die waren an die alten Dieselbusse gewöhnt. Nicht nur die Fahrer, sondern auch all die Mechaniker.»

Neue Busse kosten drei Mal so viel wie die alten

Die neuen Busse sind auch finanziell eine Grossinvestition: Für die früheren Dieselbusse bezahlte das Busunternehmen 500'000 Renminbi pro Fahrzeug – umgerechnet rund 70'000 Franken. Die neuen elektrischen Busse, sagt Joseph Ma, kosten drei Mal so viel. Kann sich dies das Unternehmen überhaupt leisten?

«Wir werden stark subventioniert. Das ist ein sehr grosser Anreiz. Es gibt finanzielle Unterstützung für den Kauf der Busse, aber auch für deren Betrieb.»

Mehrheit der elektrischen Busse stammen aus der Metropole

Das Geld kommt von der Stadtregierung, aber auch von der Zentralregierung. Ohne Geld vom Staat, sagt Ma Zhengyuan, wäre die Umstellung nicht möglich gewesen.

Von den Subventionen profitieren nicht nur die Shenzhener Busbetriebe, sondern auch die einheimische Industrie. Denn: Die Mehrheit der elektrischen Busse in Shenzhen stammen vom chinesischen Batterie- und Elektroauto-Konzern BYD. Der hat seinen Sitz ebenfalls in Shenzhen. Dort freut man sich über den Grossauftrag.

Unternehmenssprecher Xiao Haiping: «Wir haben sichergestellt, dass im vorgegebenen Zeitrahmen alle 16'000 Busse der Busbetriebe in Shenzhen elektrisch sind. Über 90 Prozent ihrer Busse stammen aus unserer Produktion.»

450'000 Tonnen Kohlendioxid weniger in der Luft

Die Subventionen vom Staat würden fast die gesamten Mehrkosten der Busse abdecken, sagt Generaldirektor Ma. Und: «Wir sparen Energiekosten. Verglichen mit den Dieselkosten ist der Strom für die Batterien günstiger – rund die Hälfte.»

Ein voll aufgeladener Bus fährt zwischen 200 und 250 Kilometer weit. Abgase in der Höhe von 450'000 Tonnen Kohlendioxid spare man pro Jahr – dank den neuen Bussen.

Bus an Tankstelle.
Legende: Verglichen mit den Dieselkosten ist der Strom für die Batterien rund die Hälfte günstiger. SRF/Martin Aldrovandi

Zwei Drittel des Stroms wird aus Kohle produziert

Box aufklappen Box zuklappen

In China stammt die Mehrheit des Stroms aus Kohlekraftwerken. Das heisst, in den Grossstädten wird die Luft dank Elektroautos und Bussen besser, die Emissionen entstehen dafür bei der Stromproduktion auf dem Land und in den Vororten.

Das soll sich längerfristig ändern: Die Regierung investiert Milliarden in den Ausbau von erneuerbaren Energien, in die Wind- und Solarenergie.

Aber: Auch der Anteil des Stroms aus Atomkraftwerken nimmt zu, um die Abhängigkeit der Kohle zu verringern.

Ein Bus fährt rückwärts in eine der Shenzhener Ladestation. Auf deren Dach sind Solarzellen befestigt. Sonnenenergie für mehr Nachhaltigkeit im Betrieb? Stationsleiterin Zhang Tingting relativiert: «Mit der Solarenergie können wir nur zwei Busse am Tag aufladen – und das auch nur, wenn die Sonne scheint. Sie deckt wirklich nur einen ganz kleinen Teil des Betriebs ab.»

Türkisfarbiger Bus.
Legende: Die türkisfarbene Busse fallen im Alltagsverkehr auf. SRF/Martin Aldrovandi

Zurück im türkisblauen Bus: Noch eine Station und Frau Wang ist zu Hause. Die neuen Busse hätten einen weiteren Vorteil, sagt sie. Die Fahrt sei viel ruhiger, denn in den alten Dieselbussen habe es immer so geschüttelt.

Ihr Sitznachbar nickt zustimmend. Da sei ihr oft schlecht geworden, sagt Frau Wang. Ein paar Mal habe sie sogar erbrochen. Und gestunken habe es früher auch, mischt sich ein junger Mann aus der Sitzreihe vor ihr ein. Zurück zum Diesel, sind sich die drei einig, will man auf keinen Fall.

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