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Coronavirus in Afrika Ein Kontinent geht vergessen

Afrika droht die Katastrophe. Doch die meisten traditionellen Geldgeber und Handelspartner bleiben stumm. Auch China.

Afrika braucht Hilfe. Und zwar sofort. Der Appell von John Nkengasong, dem Direktor der Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention der Afrikanischen Union ist unmissverständlich: «Wenn Afrika jetzt keine Unterstützung erhält, gibt es eine Katastrophe.»

Wenn Afrika jetzt keine Unterstützung erhält, gibt es eine Katastrophe.
Autor: John Nkengasong Direktor der Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention der Afrikanischen Union AU

Zusammen mit den Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union hat Nkengasong eine kontinentale Strategie zur Bekämpfung des Coronavirus erarbeitet. Afrika benötigt derzeit dringend Geld und medizinisches Material aller Art wie Schutzkleidung, Masken, Tests und Atemgeräte.

John Nkengasong: Aufruf zu globaler Solidarität in der globalen Krise.
Legende: John Nkengasong: Aufruf zu globaler Solidarität in der globalen Krise. Reuters

Von all dem habe es viel zu wenig auf dem afrikanischen Kontinent, so Nkengasong. Ihm sei bewusst, dass Afrika mit seinen Anliegen mit der ganzen Welt konkurrieren muss: Alle brauchen Geld und Schutzmaterial. Und dennoch appelliert er an die weltweite Solidarität: «Wir stehen vor einer globalen Krise und deshalb braucht es globale Solidarität. Denn solange das Virus nicht überall eingedämmt ist, ist die ganze Welt nicht sicher.»

Solange das Virus nicht überall eingedämmt ist, ist die ganze Welt nicht sicher.
Autor: John Nkengasong Direktor der Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention der Afrikanischen Union AU

Dramatischer Preiszerfall bei Rohstoffen

Darum braucht Afrika Geld. Denn auch die Wirtschaft wurde hart getroffen, wie Wirtschaftsprofessor Carlos Lopes darlegt. Der frühere Sekretär der UNO-Wirtschaftskommission für Afrika weist auf die prekäre Lage hin: «Die Rohstoffpreise sind im Keller.»

Dabei sind 35 afrikanische Länder im hohen Grad abhängig vom Rohstoffexport. Die afrikanischen Währungen haben an Wert verloren, und viel Kapital wurde aus den Schwellenländern abgezogen.

Carlos Lopes
Legende: Der Ökonom Carlos Lopes beziffert die benötigte Hilfe Afrikas in der Corona-Krise auf 200 Milliarden Dollar. imago images

Zugleich fehlen laut Lopes die privaten Geldüberweisungen der Migranten aus Europa und den USA. Über diesen Kanal kam bisher mehr Geld nach Afrika als durch Entwicklungshilfe.

Schuldenerlass für die ärmsten Länder

Hinzu kommt die Schuldenlast der afrikanischen Länder: 44 Milliarden Dollar sollten die Staaten des Kontinents allein dieses Jahr zurückzahlen. Das sei schlicht nicht möglich, so der Ökonom: «Wir müssen umschulden und die ärmsten Länder Afrikas von den Schulden befreien. Sonst wird sich der Kontinent nach der Krise nie erholen.»

Wir müssen die ärmsten Länder von den Schulden befreien. Sonst wird sich der Kontinent nach der Krise nie erholen.
Autor: Carlos Lopes Wirtschaftsprofessor, ehemaliger Sekretär der UNO-Wirtschaftskommission für Afrika

Nun hat die EU heute eine gewisse Unterstützung für Afrika zugesagt. Die 3.25 Milliarden Dollar reichen aber nirgends hin. Lopes geht von 200 Milliarden aus, welche Afrika von der internationalen Gemeinschaft brauchen würde.

Die wichtigen Handelspartner schweigen

Doch viele wichtige Partner Afrikas seien bis jetzt stumm geblieben: «Vom wichtigsten Handelspartner China haben wir bisher nur die private Initiative von Alibaba-Gründer Jack Ma gesehen, aber nichts von der Regierung gehört.»

Ebenso wenig von den neuen Akteuren auf dem Kontinent wie Russland und der Türkei. Selbst die alteingesessenen Geldgeber wie Grossbritannien, die USA oder Japan hätten keine Unterstützung zugesichert. Die Geberländer sind mit sich selbst beschäftigt.

Echo der Zeit, 08.04.2020, 18:00 Uhr

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