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Demografie von Japan Japans Bevölkerung schrumpft unaufhaltsam

Weniger Geburten und viele alte Menschen: Japans Bevölkerung ist innert Jahresfrist um 800'000 Personen zurückgegangen.

Die Zahlen: Die Bevölkerung Japans ist im letzten Jahr um 800'000 Menschen auf rund 125 Millionen gesunken. Es ist der stärkste Rückgang innert Jahresfrist seit Beginn der Messungen, wie das Innenministerium schreibt. Rückläufig sind die Bevölkerungszahlen allerdings bereits seit 14 Jahren. 2008 wurden noch gut 128 Millionen Menschen gezählt. Neu ist an den jüngsten Zahlen auch, dass vom Rückgang erstmals alle 47 Regionen betroffen sind, wie ARD-Korrespondentin Kathrin Erdmann in Tokio berichtet. Darunter ist auch die Pazifik-Insel Okinawa mit ihrer traditionell höheren Geburtenrate.

Die Gründe: Für den massiven Bevölkerungsrückgang ist zum einen die geringe Geburtenrate mit erstmals unter 800'000 Neugeborenen verantwortlich, zum anderen die fast doppelt so hohe Sterberate mit 1,5 Millionen Menschen. Das fällt insofern auf, als während der Corona-Zeit vergleichsweise wenig Menschen gestorben sind, wie Erdmann sagt. Besonders stark vom Bevölkerungsschwund betroffen sind verschiedene Regionen im Nordosten wie etwa Akita, aber auch die Gegend um Hiroshima im Südwesten sowie Fukushima. Teilweise sind ganze Landstriche leergefegt und Millionen Häuser stehen leer.

Tokio.
Legende: Das rege Treiben in Tokios Strassenschluchten täuscht. In vielen Regionen Japans sind ganze Gebiete leergefegt und Millionen Häuser stehen leer. Keystone / Peter Klaunzer

Kein Einwanderungsland: Zwar sind im Berichtsjahr erstmals seit drei Jahren totaler Abschottung wegen Corona wieder etwas mehr Ausländerinnen und Ausländer nach Japan gekommen, doch für die Gesamtzahl ist das unbedeutend. Japan versteht sich weiterhin nicht als Einwanderungsland, obwohl wie in vielen anderen Industrieländern ein erheblicher Arbeitskräftemangel herrscht. Selbst bei den Gastarbeiterinnen und -arbeitern aus den Philippinen lagen die Zahlen stark unter den Erwartungen. Ein Grund dürfte auch der schwache Yen gewesen sein, der die Arbeit in Japan weniger attraktiv machte, weil diese jeweils viel Geld nach Hause schicken.

Die Folgen: Das schwache Bevölkerungswachstum setzt einen Teufelskreis in Gang. So schlägt es sich vor allem massiv in der Infrastruktur nieder. Denn wo keine Menschen mehr sind, werden auch die privat betriebenen Verkehrsverbindungen gekappt, weil es sich nicht mehr lohnt. Forderungen bestehen, wieder die Gemeinden einzuspannen. Dazu kommen auf längere Sicht die ökonomischen Folgen: Japan hat keine Bodenschätze, lebt von der Innovation und ist auf junge Menschen angewiesen.

Die Gegenmassnahmen: Japans Regierungschef Fumio Kishida hat vor einiger Zeit ein umfangreiches Familien-Paket mit grossen Mitteln aufgegleist, das unter anderem den Anspruch auf einen Kindergartenplatz beinhaltet. Allerdings wird dieses in jüngsten Umfragen als ungenügend beurteilt, wie Erdmann erklärt. Die gesellschaftlichen Veränderungen lassen sich nicht allein mit Geld herbeiführen, wie das mit ähnlichen Problemen kämpfende Nachbarland Südkorea belegt. Auch dort haben viele Frauen keine Lust, Kinder zu kriegen, und gegen die Alterung gibt es kein Mittel. Zugleich ist in Japan eine gezielte Frauenförderung noch wenig entwickelt. Junge Frauen sind zwar angehalten, vermehrt berufstätig zu sein, doch mit den Aufstiegschancen hapert es. Unter all diesen Umständen sind die Aussichten nicht rosig, den Bevölkerungsschwund bald wirksam stoppen zu können.

SRF 4 News aktuell, 26.07.2023, 10:03 Uhr ; 

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