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Prozessauftakt im Fall Bo Xilei (Originalkommentar)
Aus News-Clip vom 22.08.2013.
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International Der tiefe Fall von Bo Xilai

Der vorerst letzte Akt im grössten Politskandal Chinas beginnt. Heute steht der in Ungnade gefallene chinesische Politiker Bo Xilai vor Gericht. Im Prozess geht es um weit mehr als nur Korruption.

Bo weist Anklagepunkt zurück

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Bo Xilai wies vor Gericht gleich den ersten Anklagepunkt zurück. Er habe nicht Bestechungsgeld in der Höhe von etwa 140'000 Euro vom Chef der Firma Dalian International Development angenommen. mehr

Macht und ihr Missbrauch, Reichtum und die Gier nach mehr, Moral und ihr Mangel, Mord und dessen Vertuschung – der Fall von Bo Xilai hat das Zeug zum Politthriller. Seit mehr als einem Jahr hält der Fall China in Atem.

Die chinesische Führung will nun einen Schlussstrich unter den Skandal ziehen. Heute steht der prominente Funktionär der Kommunistischen Partei (KP) Bo Xilai in der Stadt Jinan in Chinas Nordosten vor Gericht. Weit weg von seiner einstigen Machtbasis. Die Anklage lautet auf Korruption, Bestechlichkeit, Machtmissbrauch.

Es geht es um Unterschlagung in einem Umfang von etwa 3,7 Millionen Euro, wie Hongkonger Zeitungen berichteten. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs bezieht sich unter anderem auf den Umgang mit dem Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood durch seine Frau Gu Kailai.

Gu Kailai war im August 2012 wegen Mordes an einem Familienfreund zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden.

Todesstrafe eher unwahrscheinlich

Sagt seine Frau aus?

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Das « Wallstreet Journal » spekulierte jüngst, ob seine Frau im Prozess aussagen und ihn belasten wird. Oder ob sie schriftlich zu den Vorwürfen Stellung nimmt. «Laut internen Quellen ist dies durchaus denkbar», sagt Barbara Lüthi. Sie habe schliesslich nichts mehr zu verlieren. Offenbar hat Bo ihr, sollte sie aussagen, mit Scheidung gedroht.

SRF-Korrespondentin Barbara Lüthi geht davon aus, dass Peking kurzen Prozess machen lässt – so wie zuletzt gegen den korrupten Ex-Eisenbahnminister Liu Zhijun im Juni. Nach nur einem Tag war das Verfahren vorbei. Das Gericht würde sich in dem Fall vertagen und einen Monat später zur ebenso raschen Urteilverkündung zusammentreten.

Xilai drohen Strafen von 15 Jahren bis zu lebenslanger Haft. Möglich wäre sogar die Todesstrafe. Lüthi hält dies allerdings für wenig wahrscheinlich. Das Urteil sei aber höchstwahrscheinlich schon beschlossen.

«Der Prozess ist für die Parteispitze ein delikater Balanceakt», sagt Lüthi weiter. Denn auf der einen Seite wollten die Spitzenfunktionäre Bo Xilai als Kriminellen vorführen und seine prominentesten Anhänger zum Verstummen bringen. Auf der anderen Seite wolle die Partei aber vermeiden, dass sie die linke politische Linie, die er verfochten hat, begraben oder einflussreichen Revolutionärs-Familien erzürnen, betont Lüthi.

«Die Regierung muss handeln»

Der Korruptionsskandal hat den Volkszorn extrem hochkochen lassen. «Er hat die Missstände klar aufgezeigt», so Lüthi. Das Vertrauen in die Partei sei extrem gesunken. Es gibt immer wieder Demonstrationen gegen Korruption. Es gibt mehr Aufstände, es gibt immer mehr Leute, die Transparenz fordern. «Die Regierung will zeigen, dass sie aufräumt», so die China-Expertin weiter.

Bo Xilai
Legende: Bo Xilai hatte beste Chancen, einer der Mächtigsten in China zu werden. Doch er fiel tief. Reuters/archiv

Die KP lässt an Bo Xilai nun ein Exempel statuieren, quasi propagandistisch, um dem Volk zu zeigen: Seht her, wir schonen niemanden, wir dulden keine Korruption. Staatschef Xi Jinping wies erst kürzlich darauf hin, dass er bei der Korruptionsbekämpfung sowohl gegen «Fliegen» als auch gegen «Tiger» vorgehen will.

Doch Bürgerbeteiligung und echte Transparenz gibt es nicht. «Dazu bräuchte es eine unabhängige Justiz und unabhängige Medien», so Lüthi. Das wolle die neue Führung nicht riskieren. Auch heute noch sei zum Beispiel das Einkommen der Spitzenpolitiker in China ein Staatsgeheimnis. «Die Partei bestimmt, wieviel Transparenz es gibt.»

Proteste vor Prozessbeginn

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Einen Tag vor dem Prozess gegen den entmachteten chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai haben trotz starker Kontrollen Anhänger und Gegner demonstriert. Einige Menschen nutzten die Aufmerksamkeit für den Prozess, um persönliches Unrecht zu beklagen. Es kam zu Festnahmen.

Machtkampf verloren

Korruption ist in China endemisch. «Dieses Jahr haben korrupte Beamte alleine schon 1000 Milliarden Dollar aus dem Land geschafft. Und man rechnet man damit, dass nächstes Jahr 1500 Milliarden Dollar Schwarzgeld aus dem Land fliessen», so Lüthi. Die Korruption schade dem Staat, der Partei und vor allem der Wirtschaft, betont die China-Kennerin.

Es geht aber weit über diese Korruptionsvorwürfe hinaus. Bo stand im Zentrum eines Machtkampfes innerhalb der Kommunistischen Partei. Er verkörperte einen linkskonservativen Kurs, der im Widerspruch zum wachstumsorientierten Kurs innerhalb der Partei stand.

Es ging aber nicht nur um ideologische Machtkämpfe, sondern noch viel mehr um die Art und Weise, wie Bo Xilai politisierte. «Er hat ganz offen einen eigenen Führungsstil propagiert und so mit der Tradition gebrochen, die Einheit der Partei zu wahren», sagt Lüthi. Bo habe sich nicht gescheut, Machtkämpfe öffentlich auszutragen. Er habe die Öffentlichkeit und die Medien genutzt, um Unterstützung für seinen Führungsstil und seine Sache zu generieren.

Der charismatische Politiker hatte Anfang vergangenen Jahres noch gute Aussichten, in den engsten Führungszirkel aufzurücken. Besonders unter linkskonservativen Kräften genoss er grosses Ansehen und hatte viel Einfluss in Partei und Militär. Sein Fehler? «Er war der Partei zu mächtig geworden», sagt Barbara Lüthi.

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