Zum Inhalt springen
Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft zu den letzten Gesprächen in Berlin ein.
Legende: Hat nochmals einen langen Verhandlungstag vor sich: Bundeskanzlerin Angela Merkel Keystone

Deutsche Regierungsbildung Jetzt geht es um die «dicken Brocken»

Union und SPD wollen heute ihre Gespräche abschliessen. Ziel: Ihre Parteien sollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen.

Tag der Entscheidung in Deutschland: Am voraussichtlich letzten Tag ihrer Sondierungsgespräche für eine neue grosse Koalition gehen die Beratungen von CDU, CSU und SPD in die heisse Phase. In der SPD-Zentrale in Berlin kamen die Arbeitsgruppen der drei Parteien am Morgen erneut zusammen.

Zähe Verhandlungen erwartet

In der Endphase der Gespräche geht es um ihre «Herzensanliegen», wie sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), ausdrückte. Bis zuletzt sind zentrale Steuer- und Finanzfragen sowie wesentliche Entscheidungen in den Bereichen Migration, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Pflege, Renten und Europa offen. Diese Knackpunkte dürften bis spät in die Nacht verhandelt werden.

«Dicke Brocken» auf der Agenda

Man werde bei den abschliessenden Beratungen noch «manche dicke Brocken» aus dem Weg räumen müssen, sagte Grosse-Brömer. Er sei aber optimistisch, dass die Sondierer zu Lösungen kommen könnten. Auch SPD-Chef Martin Schulz gab sich vor den letzten Gesprächen zuversichtlich.

Entscheidend wird sein, ob die Sozialdemokraten etwa bei den aus ihrer Sicht zentralen Gerechtigkeitsthemen ausreichende Verhandlungserfolge erzielen. Denn die SPD-Spitze braucht für den Eintritt in offizielle Koalitionsverhandlungen die Zustimmung eines Parteitags. Er soll am 21. Januar in Bonn stattfinden und gilt als grosse Hürde.

Am Ende der langen Gespräche zwischen Union und SPD soll eine Empfehlung stehen, ob ihre Parteien Koalitionsverhandlungen aufnehmen sollen.

Was aus den Sondierunsgesprächen bisher bekannt ist

Was aus den Sondierunsgesprächen bisher bekannt ist
KLIMASCHUTZ: Das deutsche Klimaziel für 2020, nämlich 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustossen als 1990, geben die Parteien auf - es soll «Anfang der 2020er Jahre» erreicht werden. Eine Kommission soll bis Ende 2018 ein Konzept für den Kohleausstieg erarbeiten und ein Ausstiegsdatum nennen. Zudem soll es ein Klimaschutzgesetz geben - der bisherige Klimaschutzplan sieht keine Sanktionen vor.
ÖKOSTROM-AUSBAU: Die erneuerbaren Energien sollen schneller
ausgebaut werden als bisher vorgesehen. Für 2030 peilen die Gesprächsteilnehmer
einen Anteil von 65 Prozent am Stromverbrauch an - bisher waren 50 Prozent das
Ziel.
EINWANDERUNG: Gegen den Fachkräftemangel soll unter anderem ein gesetzlich neu geregelter Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte helfen.
DIESEL: Fahrverbote wegen Luftverschmutzung sollen vermieden werden, unter anderem mit «effizienteren und sauberen Verbrennungsmotoren inklusive Nachrüstungen». Was genau das heisst, bleibt offen. Als Nachrüstung galten bisher vor allem Software-Updates für eine bessere Abgasreinigung. Von einem Ausstieg aus fossilen Verbrennungsmotoren ist nicht die Rede.
GLYPHOSAT: Nach dem Ja von CSU-Agrarminister Christian Schmidt für eine weitere EU-Zulassung des Unkrautgifts soll der Einsatz national beschränkt und «so schnell wie möglich grundsätzlich beendet» werden. Den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sollen bundesweit einheitliche Regeln unterbinden.
TIERSCHUTZ: Union und SPD wollen für Fleisch aus besserer Tierhaltung eine staatliche Kennzeichnung einführen, die «verlässlich, einfach und verbraucherfreundlich» ist. Ein solches «Tierwohllabel» hatte sich schon die bisherige schwarz-rote Koalition vorgenommen, aber bis zur Bundestagswahl nicht umgesetzt. Das Massen-Töten männlicher Küken soll beendet werden.
KONSUMENTENSCHUTZ: Union und SPD wollen neue Klagewege für Fälle mit vielen Betroffenen wie beim Diesel-Skandal eröffnen. Zur besseren Rechtsdurchsetzung soll eine Musterfeststellungsklage kommen.
VERKEHR: Die zuletzt gestiegenen Investitionen des Bundes in die Verkehrswege sollen «mindestens auf dem heutigen Niveau» fortgeführt werden. Ein «Beschleunigungsgesetz» soll Planen und Bauen für Verkehr, Infrastruktur, Energie und Wohnen erleichtern.
INTERNET: Union und SPD bekennen sich zur Netzneutralität, also dazu, dass weiterhin alle Inhalte mit gleichem Tempo transportiert werden sollen. Schnelles Internet soll es bis 2025 flächendeckend geben.

Meistgelesene Artikel