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Deutsches Staatsbudget «Dieses Urteil schafft eine neue Realität»

Der deutsche Kanzler Scholz sieht eine neue Ära anbrechen. Wie sie finanziert werden soll, lässt er allerdings offen.

«Entgegen der ursprünglichen Planung findet in dieser Sitzungswoche keine Haushaltswoche statt.» So etwas sagt sich leicht von der Präsidentin des Deutschen Bundestags, Bärbel Bas. Es bedeutet aber: Es steht wirklich alles Kopf. Kanzler Olaf Scholz wies auf die intensiven Haushaltsplanungen seiner Regierung hin: «Sorgfalt geht dabei vor Schnelligkeit. Klar ist, dieses Urteil schafft eine neue Realität, für die Bundesregierung und für alle zukünftigen Regierungen im Bund und in den Ländern.»

In Ihrem Alltag, hier und heute, ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts.
Autor: Olaf Scholz Deutscher Bundeskanzler

Zusammen mit den schweren äusseren Krisen, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Energiekrise und sehr viel Geld, das wegfällt, seien die Herausforderungen in dieser Konzentration und Härte wohl erstmalig. Scholz bemühte sich aber – wie schon früher auch –, Sicherheit und Besonnenheit auszustrahlen.

«Staat nimmt seine Aufgaben wahr»

Der deutsche Kanzler sagt: «Wichtig ist: Laufende Ausgaben sind davon nicht betroffen. Der Staat wird seinen Aufgaben weiterhin gerecht. Ich sage das auch an die Bürgerinnen und Bürger gerichtet, die aufgrund manch wilder Vorschläge und manch gezielter Falschmeldungen in sozialen Medien verunsichert sind. In Ihrem Alltag, hier und heute, ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts, völlig unabhängig davon, ob Sie Kindergeld, Bafög, eine Rente oder Wohngeld bekommen.»

In seiner Rede geht es um hier und heute. Doch offen ist immer noch, was morgen ohne die 60 Milliarden Euro ist, welche Prioritäten diese Regierung setzen wird. Die Ziele blieben die gleichen. «Wir sind mitten im Aufbruch in eine neue Ära, vergleichbar in seiner Dimension nur mit dem Aufbruch ins Industriezeitalter. Jetzt, schon in den allernächsten Jahren entscheidet sich, wo künftig Wirtschaft stattfindet, wo Innovation und Wohlstand in einer klimaneutralen Welt zu Hause sind», so der deutsche Kanzler.

Sie haben keine Ahnung von dem, was da in den nächsten Jahren auf Sie und auf uns zukommt.
Autor: Friedrich Merz CDU-Vorsitzender

Unklar bleibt, wie das erreicht werden soll. Oppositionsführer Friedrich Merz von der CDU/CSU-Fraktion, in Erwartung einer grossen Rede, reagiert hämisch: «Was Sie hier vorgetragen haben, sind doch rein technische Antworten auf eine hochpolitische Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Sie sind ein Klempner der Macht. Ihnen fehlt jede Vorstellung davon, wie sich dieses Land in den nächsten Jahren entwickeln soll. Sie haben keine Ahnung von dem, was da in den nächsten Jahren auf Sie und auf uns zukommt.»

«Konstruktive Vorschläge»

Über die Schuldenbremse, die künftig so streng ausgelegt werden muss, ob und wie sie allenfalls reformiert werden soll, sagte Kanzler Scholz nichts – aber genau das wird ein Thema sein in der nahen Zukunft. Und anders, als es CDU-Chef Merz wohl recht sein könnte, wird es auch in seinen Reihen zu reden geben.

Es gibt zum Glück auch noch eine Union, die in Bundesländern Verantwortung trägt.
Autor: Katharina Dröge Fraktionschefin Grüne

Darauf wies die Grüne Fraktionschefin Katharina Dröge hin: «Es gibt zum Glück nicht nur eine Union. Es gibt zum Glück auch noch eine Union, die in Bundesländern Verantwortung trägt, die weiss, wie es sich anfühlt, wenn man ein Land regiert, oder wenn man vor Unternehmen steht und ihnen sagt, wie es weitergeht. Und diese Union hat zum Glück auch konstruktive Vorschläge gemacht.»

Das heisst: Es bleibt vieles unklar. Die vielstimmige Diskussion geht weiter, und zwar quer durch Fraktionen und Parteien.

Rendez-vous, 28.11.2023, 12:30;kobt

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