Die SPD will es wissen. Teilnehmer verkündeten nach dem kleinen Parteitag, der Weg für Gespräche mit der Union sei frei. Die Partei wolle die Möglichkeit einer schwarz-roten Bundesregierung ausloten. Die etwa 200 Delegierten stimmten demnach mit breiter Mehrheit für eine entsprechende Empfehlung des Parteivorstandes.
Erst nach dem Sondierungsgespräch, das kommende Woche stattfinden könnte, soll über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden werden. Über einen Koalitionsvertrag soll erstmals am Ende ein Mitgliedervotum der etwa 470'000 SPD-Genossen stattfinden.
Für eine Überraschung sorgte Peer Steinbrück. Laut Spekulationen sollte der 66-Jährige den Vorsitz der SPD-Fraktion übernehmen, wenn ihr bisheriger Chef Frank-Walter Steinmeier im Fall einer grossen Koalition Minister würde.
Doch nun kommt alles anders. Wie Teilnehmer berichteten, tritt Steinbrück von der Polit-Bühne ab.
«Meine Karriere wird ein geordnetes Ende finden», soll der 66-Jährige gesagt haben. Er strebe weder in der Partei noch in der Bundesfraktion ein Amt an.
Steinbrück habe in einer bewegenden Rede die politische Verantwortung für das Wahlergebnis übernommen, hiess es. Die SPD war am vergangenen Sonntag auf 25,7 Prozent der Stimmen gekommen. Steinbrück hatte sein Wahlziel einer rot-grünen Mehrheit verfehlt.
Mitglied der Sondierungsgruppe?
Er hatte nach der Wahl angekündigt, mögliche Koalitionsverhandlungen führen zu wollen und sein Bundestagsmandat anzunehmen. Es wird erwartet, dass er in möglichen Gesprächen mit der Union noch eine Rolle spielen wird. Angeblich will er Mitglied der Sondierungsgruppe werden.
Steinbrück war von 2002 bis 2005 nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und von 2005 bis 2009 Bundesfinanzminister und stellvertretender SPD-Chef. Seit 2009 hat er kein Parteiamt mehr.
Im Dezember 2012 wurde der gebürtige Hamburger zum Kanzlerkandidaten gekürt. Im Wahlkampf hatte er bereits angekündigt, dass er für ein Ministeramt in einer grossen Koalition nicht zur Verfügung stehe.
Steinbrück drückte aufs Gas
Als einstiger Unterstützer der Reform-Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder hatte Steinbrück in der Partei zeitweise keinen leichten Stand. Im Wahlkampf liess er sich aber trotz seiner Forderung nach «Beinfreiheit» für ein eher linkes Wahlprogramm einbinden. Nach anfänglichen Pannen fasste Steinbrück im Endspurt vor dem Bundestagsvotum Fuss und beeindruckte auch die eigenen Genossen mit unermüdlichem Einsatz.