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Draghi-Bericht zu EU-Reformen EU-Wirtschaftspolitik: Es fehlt der Wille für nötige Reformen

Die EU hat ihr wichtigstes Ziel aus den Augen verloren. Der EU-Binnenmarkt schafft zu wenig Wohlstand. Das Haushaltseinkommen in den USA hat sich in zwanzig Jahren verdoppelt, gegenüber der EU. Ab 2040, in nur 15 Jahren, schrumpft die werktätige Bevölkerung in der EU. Es fehlen dann jedes Jahr zwei Millionen Arbeitskräfte.

Geht es in der wirtschaftlichen Entwicklung der EU weiter wie bisher, dann droht der Abstieg. Mit unbekannten sozialen Folgen. Natürlich könnte die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten diesen wirtschaftlichen Abstieg abdämpfen. Ausreichend wird es nicht sein. Und die Bereitschaft, eine entsprechende Einwanderungspolitik zu beschliessen, ist nicht zu erkennen.

Korrekte Analyse von Draghi

Darum ist die Analyse des Zahlen-Freaks Mario Draghi korrekt. Entweder die EU verschafft sich einen Innovationsschub oder sie verliert weiter an Glaubwürdigkeit und Legitimation gegenüber ihrer Bevölkerung. Diese hält mehr wirtschaftliche Integration auf europäischer Ebene nämlich nur für legitim, wenn sie direkt davon profitiert.

Seit vielen Jahren fehlt es nicht an Vorschlägen von Wissenden, was zu korrigieren wäre in der EU. Allein der Wille fehlt unter den Politikerinnen und Politikern, Macht abzugeben zugunsten der Gemeinschaft. Es fehlt die Bereitschaft, nationale Selbstbestimmung freiwillig zu beschränken. Es fehlt das Verständnis, dass in gewissen Bereichen, mehr Gemeinwohl nur auf europäischer Ebene zu erreichen ist.

Sobald die EU-Mühlen zu mahlen beginnen …

Darum werden alle EU-Staaten den Vorschlägen von Mario Draghi ohne Zögern beistimmen. Die EU-Kommission wird Umsetzungsmassnahmen anstossen. Und dann beginnen die EU-Mühlen zu mahlen und alles zu zerbröseln.

Nichts deutet im Moment darauf hin, dass die 27 EU-Staaten sich am europäischen Gemeinwohl orientieren wollen. Lieber schaut in schwierigen Zeiten jeder für sich.

Charles Liebherr

EU-Korrespondent

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Charles Liebherr ist EU-Korrespondent von Radio SRF. Davor war er unter anderem in der SRF-Wirtschaftsredaktion tätig, später war er Frankreich-Korrespondent. Liebherr studierte in Basel und Lausanne Geschichte, deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie.

Echo der Zeit, 09.09.2024, 18 Uhr

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