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Drohende Stromlücke Frankreich aktiviert Kohle wegen AKW-Ausfällen

Mitten im Winter steht ein Viertel der französischen AKWs still. Trotz Griff zur Kohle drohen Stromengpässe.

Gut zwei Drittel der Energie bezieht Frankreich nach offiziellen Angaben aus Kernkraft. Doch aktuell fallen 14 der insgesamt 56 Atomkraftwerke aus.

So sind fünf Atommeiler wegen der regulären Revision vom Netz, die alle zehn Jahre fällig ist. Weitere sieben Atomkraftwerke stehen als Folge der Pandemie still, weil sich die Betriebs- und Unterhaltsarbeiten bereits im vorletzten Jahr wegen grosser Unterbrüche im Frühjahr und Herbst verzögerten, wie die staatliche Elektrizitätsgesellschaft EDF erklärt. Zugleich wurden zwei leistungsfähige AKWs im Dezember als Vorsichtsmassnahme abgestellt, weil technische Mängel entdeckt wurden.

«Domino-Effekt» mit Folgen

Die EDF spricht von einem «Domino-Effekt» im Zuge der Pandemie: Die Gefahr von Stromengpässen sei real. Dies war allerdings schon 2020 der Fall und es dürfte bis Ende 2023 dauern, um die Rückstände aufzuholen.

Die Regierung hat deshalb kurzfristig einen Notfallplan errichtet und entschieden, dass die noch am Netz befindlichen Kohlekraftwerke in den nächsten Monaten länger laufen dürfen als vorgesehen, um einen Teil der Stromlücke zu decken. Mittelfristig sollen sie aber vom Netz genommen werden, denn Frankreich will aus der Kohlekraft aussteigen.

Als weiteres Szenario überlegt sich die Regierung aber auch einen Stromunterbruch zu bestimmten Zeiten. Das bekäme dann die Bevölkerung sehr direkt zu spüren, wenn sie etwa am Nachmittag für Stunden auf Strom verzichten müsste. Viele Französinnen und Franzosen heizen elektrisch.

Neue AKWs sollen grossen Strombedarf decken

Frankreich will künftig weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien und möchte mittelfristig zugleich den Anteil der Atomenergie am Strommix auf 50 Prozent senken.  Gleichzeitig braucht das Land aber mittelfristig sehr viel mehr Strom, unter anderem für den Verkehr.

Diesen Strom sollen weitgehend Atomkraftwerke und vor allem auch neue Atomkraftwerke liefern. Denn der AKW-Park ist durchschnittlich 35 Jahre alt. Selbst wenn die Laufzeiten verlängert werden, wird man in den nächsten zehn bis 15 Jahren eine ganze Reihe von Kraftwerken vom Netz nehmen müssen.

Darum setzt die Regierung Macron heute wieder sehr klar auf den Ausbau von Atomenergie. Dies sei weniger schädlich fürs Klima, so das Hauptargument der Regierung, die auch auf europäischer Ebene dafür kämpft, dass Atomenergie als «umweltfreundlich» und damit als förderungswürdig erklärt wird.

SRF 4 News, 12.01.2022, 10:18 Uhr

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