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Eigene Armee für Kosovo Ungelöste Konflikte zwischen ehemaligen Kriegsparteien

Serbien betrachtet eine Armee für Kosovo als Provokation und trägt dabei selbst nichts zur Befriedung bei.

Die westlichen Länder, die Kosovos Unabhängigkeit anerkennen, haben bisher darauf bestanden, dass es einen breiten Konsens braucht, wenn der junge Staat eine Armee aufbauen will. Sie waren alle der Meinung, dass dafür die Verfassung geändert werden muss, mit einer Zweidrittelmehrheit und damit auch mit der Zustimmung der serbischen Minderheit in Kosovo. Nun aber prescht die Regierung Kosovos vor. Sie will die Grundlage für eine Armee im Eilverfahren auf Gesetzesebene schaffen und hat dafür vor Kurzem den Segen der USA erhalten. Auch Grossbritannien hat seine Haltung in diesem Sinn geändert.

Schaffung einer Armee beschlossen

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Das Parlament im Kosovo hat den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen. Die 107 anwesenden Abgeordneten in Pristina votierten einstimmig für ein Gesetzespaket zur Schaffung einer regulären Armee. Die Kosovo-Sicherheitskräfte (KSF) – derzeit eine Katastrophenschutz-Einheit mit 3000 Mann – sollen demnach innerhalb von zehn Jahren zu einer Streitkraft mit 5000 Mann und leichter Bewaffnung ausgebaut werden. Die neun Abgeordneten der serbischen Liste, die die serbische Minderheit im Kosovo vertreten, nahmen nicht an der Parlamentssitzung teil. Die Neuausrichtung der bisherigen Schutztruppe sorgt beim Nachbarn Serbien für Widerspruch und Empörung. Belgrad sieht dadurch die rund 100'000 Serben im sonst fast ausschliesslich albanisch bevölkerten Kosovo existenziell bedroht.

Experten sagen, dass der Entscheid im Parlament in Pristina mehr symbolischer Natur sei. Es werde Jahre dauern, bis Kosovo tatsächlich eine richtige Armee habe. Trotzdem werden die Spannungen zwischen Kosovo und Serbien jetzt weiter steigen.

Der Konflikt ist ungelöst

Vor kurzem hat Kosovo für den Import serbischer Güter Strafzölle in der Höhe von 100 Prozent verhängt und erklärt, diese würden erst wieder zurückgenommen, wenn Serbien die Unabhängigkeit Kosovos anerkenne. Schon vorher sind die Verhandlungen zwischen den zwei Nachbarn über eine dauerhafte Lösung ihres Konflikts stecken geblieben. Die EU kommt mit ihren Vermittlungsbemühungen seit Monaten nicht mehr weiter.

Beide Seiten heizen die Spannungen aktiv an. Serbien hat mehrere kleine Drittwelt-Staaten überredet, ihre Anerkennung Kosovos rückgängig zu machen und verhinderte den Beitritt des Landes zur UNESCO und zu Interpol. Kosovo seinerseits verhängt die erwähnten Strafzölle und beschliesst jetzt eine Armee.

Welche Ziele genau die starken Männer in Belgrad und Pristina verfolgen, bleibt im Nebel grosser Worte verborgen. Klar ist, dass sie mit den gegenseitigen Provokationen viele Wähler hinter sich scharen können und dass sie damit gegenüber der internationalen Gemeinschaft Selbstbewusstsein markieren.

Sondergerichtshof als Bedrohung

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić will sich von der EU keine Vorschriften in Sachen Medienfreiheit und Rechtsstaat machen lassen. Und Kosovos Alphatiere Hashim Thaçi, Ramush Haradinaj und die weiteren ehemaligen UCK-Kommandanten müssen sich Sorgen machen, dass sie als Angeklagte vor dem neuen Kosovo-Sondergerichtshof in Den Haag landen könnten. Dieser soll nach kosovarischen Gesetzen – aber mit internationalen Richtern– die Verbrechen der UCK im und nach dem Krieg aburteilen.

Auf beiden Seiten hat die Führung ein Interesse, das Gespenst des Krieges an die Wand zu malen und sich gleichzeitig als Garant der Stabilität anzubieten.

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