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Ein beispielloser Präsident? Historiker: «Trumps Rhetorik in der US-Geschichte einzigartig»

Rhetorik und militärische Passivität: Das unterscheide Trump von anderen hemdsärmeligen Vorgängern, sagt ein Historiker.

Seit vier Jahren sorgt US-Präsident Donald Trump mit seinem Auftritt und seinen Vorhaben für Schlagzeilen. Ist er wirklich so anders als all seine Vorgänger? Der Historiker Ronald Gerste zieht den Vergleich.

Ronald D. Gerste

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Der deutsche Historiker und Journalist Ronald D. Gerste ist Autor zahlreicher Sachbücher zur amerikanischen Geschichte. Ein Schwerpunkt sind dabei die Präsidentschaften. Gerste lebte in der Nähe von Washington D.C.

SRF News: Ist Donald Trump mit seiner Art des Politisierens einmalig in der US-Geschichte?

Ronald Gerste: Sicher in der neueren Geschichte der USA. Aber auch schon früher wurde polarisiert und kräftig ausgeteilt. Es kommt nicht von ungefähr, dass Trumps Vorbild Präsident Andrew Jackson ist, der von 1829 bis 1837 regierte und einen sehr burschikosen Politikstil pflegte. Neu und für viele verwirrend, wenn nicht gar abstossend, ist die sehr persönliche Rhetorik. So war es früher undenkbar, einem ehemaligen Aussenminister nachzuwerfen, er sei «dumm wie ein Stein». Das geht über das manchmal hemdsärmelige Diskutieren in der US-Politik deutlich hinaus.

Neu und für viele verwirrend, wenn nicht gar abstossend, ist die sehr persönliche Rhetorik.
Autor: Ronald D. Gerste Historiker

Sie ziehen einen Vergleich zu Andrew Jackson. Können Sie ein Beispiel machen?

Jackson hat sich rhetorisch wenig zurückgehalten, besonders als er 1824 das erste Mal kandidierte. Es gab damals eine enge Wahl unter vier Kandidaten, und die Entscheidung musste letztlich im Kongress fallen. Damals taten sich die Stimmen und Anhänger von zwei der anderen Kandidaten zusammen, worauf Jackson von einer völlig korrupten Handlung sprach und den nachmaligen Vizepräsidenten schwer beschimpfte. Das war aber eine Zeit, als die USA noch jung und der Westen noch wild war. Was jetzt abläuft, unterscheidet sich aber doch stark, ging es doch damals persönlich noch immer halbwegs fair zu und her.

Trump wird vorgeworfen, er beschädige das Amt und die Institutionen. Gab es das bei Jackson auch schon?

Bei Andrew Jackson sagten das viele bisherige Eliten auch. Dessen Wahl gilt ein wenig als Durchbruch der Demokratisierung in dem Sinne, dass viele Menschen aus sozial schwächeren Schichten mitreden konnten und einen vermeintlichen «Champion» ihrer Sache im Weissen Haus hatten.

Auch Jackson war der Präsident der einfacheren Bevölkerung, was nicht den biografischen Realitäten entsprach, denn er war steinreich, mit grosser Plantage vor den Toren von Nashville und jeder Menge Sklaven.

Auch Jackson war der Präsident der einfacheren Bevölkerung, was nicht den biografischen Realitäten entsprach.
Autor: Ronald D. Gerste Historiker

Es entsteht der Eindruck, dass Trump ein Präsident der Weissen und der Wirtschaft ist. Gibt es andere solche US-Präsidenten?

Die US-Präsidenten waren alle nicht aus armem Haus. Wer es bis zur Präsidentschaft geschafft hat, hatte ein ordentliches privates Vermögen angehäuft und gehörte traditionell eher einer weissen Oberschicht an. Was sie allerdings unterschied, war die Fähigkeit, sich auch als Kämpfer für die anderen Ethnien darzustellen, auch wenn sie wenig Bezug dazu hatten. Zwei ganz prominente und positive Beispiele sind John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson, welche die Bürgerrechtsgesetze nach vielen blutigen Tragödien auf den Weg brachten.

Hatten die USA je einen Präsidenten, der militärisch so zurückhaltend war wie Donald Trump?

Dieser Aspekt findet eigentlich überhaupt keine Beachtung. Was sicherlich für Trump spricht, ist die äusserste militärische Zurückhaltung. Er hat keinen neuen Krieg angefangen und kaum direkte Militäraktionen befohlen. Mir kommt nur der Raketenschlag gegen einen wohl schon leer geräumten syrischen Flughafen in den Sinn. Man muss zurückschauen bis auf Herbert Hoover, der von 1929 bis 1933 regierte, um Ähnliches zu finden.

Was sicherlich für Trump spricht, ist die äusserste militärische Zurückhaltung.
Autor: Ronald D. Gerste Historiker

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit, 12.10.2020, 18:00 Uhr ; 

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