Das Wichtigste in Kürze
- Ein Jahr nach dem Brexit-Ja der Briten hat sich die britische Premierministerin Theresa May beim EU-Gipfel erstmals konkreter zum künftigen Status der EU-Bürger geäussert.
- EU-Bürger, die länger als fünf Jahre in Grossbritannien leben, sollen demnach auch in Zukunft ein Bleiberecht geniessen. Ihr Rechtsstatus in Bezug auf Kranken- und Rentenversicherung solle möglichst gleich sein wie der der britischen Bürger.
- Ungeklärt ist die Rolle des EU-Gerichtshofes für die EU-Bürger in Grossbritannien.
Der Austritt Grossbritanniens aus der EU war Thema beim EU-Gipfel in Brüssel. Die britische Premierministerin Theresa May informierte die anderen Staats- und Regierungschefs, wie sie die Rechte der EU-Bürger, welche im Vereinigten Königreich leben, garantieren wolle. Dabei hatte sie eine positive und eine negative Nachricht. Sie gab gestern Abend keine Medienkonferenz mehr.
Dafür trat kurz vor Mitternacht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vor die Medien: «Theresa May hat uns heute deutlich gemacht, dass Bürgerinnen und Bürger der EU, die sich seit fünf Jahren in Grossbritannien aufhalten, die vollen Rechte behalten dürfen.» Das sei ein guter Anfang, sagte Merkel.
Rolle des EU-Gerichtshofs steht in Frage
Aber es bleiben daneben noch zahlreiche Fragen ungeklärt, beispielsweise wie viel das Vereinigte Königreich in den EU-Haushalt einzahlen muss. Und vor allem – und das ist die negative Nachricht – hat May gemäss britischen Diplomaten nochmals klar gemacht, dass sie die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes weiterhin ablehnt. Die EU-27 fordern aber genau das: EU-Bürger in Grossbritannien sollen sich auch künftig an den EuGH wenden können.
Damit steuern die Verhandlungen auf einen ersten Konflikt zu. Merkel sagte dazu zwar nichts, aber erstaunlicherweise gibt es auf Seiten der EU Staats- und Regierungschefs, welche Verständnis für Mays Position haben, etwa die Litauerin Dalia Grybauskaite: «Natürlich wollen wir den europäischen Gerichtshof, aber es ist das Recht der Briten zu entscheiden, ob sie den akzeptieren oder nicht.»
Ratspräsident Tusk outet sich als Träumer
Eine solche Aussage schwächt den Zusammenhalt der EU27. Erstaunlich war auch die Aussage von Ratspräsident Donald Tusk. Er erzählte von seinen Träumen. Seine britischen Freunde fragten ihn oft, ob er sich vorstellen könne, ob das Vereinigte Königreich in der EU bleibe: «Die EU wurde auf der Grundlage von Träumen geschaffen, welche unmöglich zu erreichen schienen. Deshalb sagen Sie jetzt vielleicht, ich sei ein Träumer. Aber ich bin nicht der einzige.»