Mit gewohnt markigen Worten hat Donald Trump diese Woche seine neue Afghanistan-Strategie angekündigt. Kurz: Die Ära des ‹Nation-Buildings› sei vorbei, denn die Afghanen wüssten selber am besten, wie ihr Land zu regieren sei. Jetzt würden Terroristen bekämpft.
Gleichzeitig nahm Trump in seiner Grundsatzrede die Nachbarländer Afghanistans in die Pflicht – allen voran Pakistan: «Wir haben ihnen Milliarden und Milliarden gegeben, und gleichzeitig beherbergen sie die Terroristen, die wir bekämpfen. Das muss sich ändern – sofort!»
Aussenminister Rex Tillerson sekundierte: Auf dem Spiel stehe nichts weniger als der Status von Islamabad als Verbündeter der USA.
Unser Einsatz im Krieg gegen den Terrorismus ist beispiellos und fest.
Die Vorwürfe, ja Drohungen aus Washington schlugen hohe Wellen in der Region. Pakistans Aussenminister Khawaja Asif verwahrte sich davor, sein Land zum «Sündenbock» für das Versagen der USA am Hindukusch zu machen: «Seit wir uns nach 2001 dem Krieg gegen den Terror angeschlossen haben, sind 17'000 Pakistaner gestorben.»
Pakistan fährt seit Jahrzehnten eine Doppelstrategie: Es unterstützt Terrororganisationen und versucht sich als Verbündeter der USA präsentieren
Auch Peking, das traditionell enge diplomatische und wirtschaftliche Bande zu seinem Nachbarn unterhält, reagierte postwendend. In einem Telefonat erinnerte Chinas höchster Diplomat, Yang Jiechi, den amerikanischen Aussenminister Tillerson an Pakistans «grosse Anstrengungen» bei der Terrorbekämpfung; zudem müsse die Souveränität des Landes respektiert werden.
Altbekannte US-Kritik an Pakistan
Doch Trumps Trommelfeuer gegen die «Terroristenherberge» ist nicht aus der Luft gegriffen. Die Forderung an Islamabad, Farbe zu bekennen, sei wohl begründet, sagt die politische Analystin Britta Petersen gegenüber SRF News.
Und die Erkenntnis, dass die pakistanische Regierung im Umgang mit Dschihadisten ein Doppelspiel betreibe, sei alles andere als neu: «Pakistan fährt seit Jahrzehnten eine Doppelstrategie: Es unterstützt Terrororganisationen und versucht, sich als Verbündeter der USA präsentieren», sagt Petersen.
So diente das Grenzgebiet zu Afghanistan schon in den 1980er-Jahren als logistische Basis für Heilige Krieger aus der arabischen Welt: Sie halfen den afghanischen Stämmen, die Sowjets aus ihrem Land zu vertreiben; es war rückblickend ein Labor für den globalen Dschihad, der sich Jahre später gegen den Westen richten sollte. Angeführt von Osama Bin Laden und Al-Kaida.
Erinnerungen an George W. Bush
Die profunde Kennerin der Region erinnert daran, dass schon die Administrationen vor Trump ein klares Bekenntnis von Pakistan eingefordert hätten: Etwa George W. Bush, der seine Losung «You’re either with us or against us» (deutsch: «Ihr seid entweder für oder gegen uns») in Richtung des damaligen Militärdiktators Pervez Musharraf abfeuerte.
Musharraf schloss sich dem «War on Terror» an, zumindest rhetorisch: «Er hat dann so getan, als ob er mit den USA zusammenarbeitet. Danach versuchte auch Barack Obama, Pakistan unter Druck zu setzen.» Gefruchtet habe das alles aber nicht wirklich, so Petersen. Auch, weil China kein Interesse an einer starken amerikanischen Präsenz in Afghanistan habe.
Paradigmenwechsel durch Trumps Generäle?
Nichtsdestotrotz: Von der Hand weisen lässt sich der hohe pakistanische Blutzoll im Anti-Terror-Kampf nicht. Gerade auch, wenn es um die Zivilbevölkerung geht: Das Land wird regelmässig von verheerenden Anschlägen heimgesucht, meist orchestriert von den pakistanischen Taliban, zunehmend aber auch vom «Islamischen Staat» (IS). Allein in diesem Jahr starben bereits hunderte Menschen.
«Das ändert aber nichts daran, dass es weiterhin terroristische Organisationen im Land gibt, die von Pakistan geschützt und unterstützt werden», meint Petersen. Im amerikanischen Militär habe lange Skepsis geherrscht, ob sich etwas gegen das Doppelspiel der Pakistani ausrichten liesse. Unter der Trump-Administration zeichne sich nun aber ein Paradigmenwechsel ab, angeführt von Trumps Generälen: «Die Leute, die Pakistan härter rannehmen wollen, haben nun die Oberhand gewonnen.»
Einen wirklichen Hebel, um den Partner zur Raison zu bringen, haben auch sie nicht, meint Petersen. Die Drohung, Pakistan den Status als wichtigen Verbündeten der USA abzusprechen, sei denkbar schwach: «Das Land war schon immer eine Art ‹Frenemy› (deutsch: «Freund-Feind»). Es ist auch die Schwäche der neuen Afghanistan-Strategie: Ich sehe nicht, welche Druckmittel die USA wirklich einsetzen wollen.»
Dass die pakistanische Regierung die Taliban fallen lässt, scheint denn auch unwahrscheinlich, meint Peterson. Nicht zuletzt, weil Pakistans Erzfeind Indien beste Beziehungen zur derzeitigen afghanischen Führung unterhält: Denn die Steinzeit-Islamisten garantieren mit ihrem blutigen Terror, dass die Achse Kabul-Delhi fragil bleibt.