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Einigung im Handelsstreit Ein Erfolg für Trump – doch am Ende könnte Europa profitieren

Für die Europäische Union bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Der Deal, den Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gestern mit US-Präsident Donald Trump verkündet hat, ist vor Trumps Drohkulisse zustande gekommen.

Und er ist zunächst einmal nicht viel mehr als ein Waffenstillstand: Trump will nun doch keine Schutzzölle auf Autoimporte erheben, jene auf Stahl und Aluminium bleiben jedoch vorerst bestehen. Dafür will er sich mit der EU an den Verhandlungstisch setzen. Der Deal nennt vier Ziele:

  • Im Handel zwischen den USA und der EU sollen sämtliche Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen für Industriegüter verschwinden. Ausgenommen bleibt die Autoindustrie. Auch soll der Import von Sojabohnen aus den USA in die EU erleichtert werden. Kurzum, das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, das Trumps Vorgänger Barack Obama erfolglos mit der EU hatte aushandeln wollen, soll in einer abgespeckten Version doch noch zustande kommen.
  • Die EU will den USA mehr Flüssiggas abkaufen.
  • Die Güterstandards sollen harmonisiert, die Handelsbürokratie abgebaut werden.
  • In der WTO wollen die USA und die EU gemeinsam gegen unfaire Handelspraktiken kämpfen. Gemeint – aber nicht ausdrücklich genannt – ist damit der Kampf gegen die Handelspolitik Chinas. Amerikaner und Europäer werfen der neuen Wirtschaftssupermacht nämlich seit langem eine aggressive Subventionspolitik und der Diebstahl geistigen Eigentums vor.

Der Deal ist vorerst bloss ein Stück Papier. Die Details müssen noch ausgehandelt werden. Donald Trump und Jean-Claude Juncker können nicht alleine entscheiden. Gerade für ein transatlantisches Freihandelsabkommen bräuchten sie die Zustimmung ihrer Parlamente beziehungsweise der EU-Mitgliedsstaaten.

Ein Befreiungsschlag für Trump

Dem US-Präsidenten ist mit dem Deal ein Befreiungsschlag gelungen. Denn seine Kriegserklärung an die EU mit Schutzzöllen auf Alu-, Stahl- und bald vielleicht auch Autoimporte war innenpolitisch umstritten.

Gerade in seiner eigenen Partei, bei den Republikanern, und in der amerikanischen Wirtschaft wuchsen die Bedenken gegen den protektionistischen Kurs des Weissen Hauses. Erste Negativfolgen sind bereits spürbar.

Eine Flüssiggas-Vereinbarung wäre hingegen ein handfester Erfolg für Donald Trump. Er versprach «eine Phase enger Freundschaft, starker Handelsbeziehungen» mit der EU, «in denen wir beide gewinnen werden».

Juncker gelang mehr als Macron und Merkel

Jean-Claude Juncker kann für sich in Anspruch nehmen, dass ihm gelungen ist, was dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nicht gelungen war: den Handelsstreit mit Donald Trump zu entschärfen.

«Ich hatte die Absicht, heute eine Übereinkunft zu erziehen, und wir haben heute eine Übereinkunft erzielt», verkündete Juncker nach dem Treffen mit Trump.

Keine handfesten Zusagen an die EU

Der Deal nimmt Forderungen auf, die Trump seit seinem Amtsantritt erhoben hat. Noch wenige Stunden vor dem Treffen mit Juncker hatte er in einem Tweet gefordert, «sowohl die USA als auch die EU» sollten «alle Zölle, Barrieren und Subventionen» abschaffen.

Donald Trump weist zu Recht darauf hin, dass die Importzölle der EU mit durchschnittlich 5,2 Prozent höher liegen als die der USA mit 3,5 Prozent. Er macht diese Differenz für das enorme Handelsdefizit gegenüber der EU – rund 150 Milliarden Dollar pro Jahr – verantwortlich.

Für Jean-Claude Juncker fällt das Resultat auf den ersten Blick ernüchternd aus. Die amerikanischen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium bleiben bestehen, auch wenn Trump eine Beseitigung in Aussicht gestellt hat. Ein handfestes Versprechen – wie der Kauf von amerikanischem Flüssiggas – kann er nicht vorweisen.

Langfristig ein Segen für Europas Wirtschaft?

Allerdings könnte sich der bittere langfristig in einen süssen Nachgeschmack verwandeln. Denn das Kernstück des Deals ist ein transatlantisches Freihandelsabkommen. Und ein solches dürfte den Handelsüberschuss der EU gegenüber den USA nicht verringern, im Gegenteil.

Handelsexperten sehen nämlich nicht die unterschiedlich hohen Zölle als eigentlichen Grund für das transatlantische Handelsungleichgewicht. Entscheidend seien die hohe Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Güterindustrie – zum Beispiel der deutschen Autokonzerne – und der im Verhältnis zum Dollar schwächelnde Euro.

«Wenn man die Zölle der Industriegüter zwischen der EU und den USA auf null absenkt, dann würde das vor allem den Europäern helfen», sagt zum Beispiel der renommierte österreichische Ökonom Gabriel Felbermayr.

Der Deal, der unter dem Druck Donald Trumps zustande gekommen ist, könnte sich am Ende als Segen für die europäische Wirtschaft erweisen.

Sebastian Ramspeck

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

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