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Elternurlaub in Norwegen Vaterschaftsurlaub als Mittel zu mehr Gleichstellung

15 Wochen Vaterschaftsurlaub sind in Norwegen unbestritten. Für Diskussionen sorgt hingegen die Quote für Väter.

«Ich bin sehr glücklich, auf meine Tochter aufpassen zu können. Wir haben eine gute Zeit und ich habe das Gefühl, eine besondere Beziehung zu ihr aufzubauen», sagt Harald Haugen. Der Ingenieur bleibt fünf Monate zu Hause und kümmert sich um die im Oktober geborene Olivia.

Er arbeitet in einem kleinen Unternehmen mit etwa 20 Mitarbeitern: «Natürlich ist mein Urlaub für meine Kollegen etwas kompliziert, aber es ist nicht wirklich ein Problem, in Norwegen sind wir daran gewöhnt.»

Natürlich ist mein Urlaub für meine Kollegen etwas kompliziert, aber es ist nicht wirklich ein Problem, in Norwegen sind wir daran gewöhnt.
Autor: Harald Haugen Vater und Ingenieur

Weil Harald mit Olivia zu Hause bleibt, war es für seine Partnerin leichter, eine Arbeit zu finden. Pia Johansen hat gerade erst wieder begonnen, als Handarbeitslehrerin zu arbeiten. «Wenn Harald nicht zu Hause sein könnte, hätte ich diesen Job nicht. Auch wenn es schön war, bei Olivia bleiben zu können – ich liebe sie – ist es auch gut, wieder arbeiten zu gehen, etwas anderes zu sehen.»

So geht Elternurlaub in Norwegen

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  • Norwegen hat 1978 den Mutterschaftsurlaub in einen Elternurlaub geändert.
  • Nach der Geburt haben die Eltern zunächst Anspruch auf zwei gemeinsame Wochen. Dann folgen 15 Wochen für die Mutter und danach 15 Wochen für den Vater. Weitere 16 Wochen können nach Belieben unter Vater und Mutter aufgeteilt werden. Abgesehen von den ersten zwei Wochen, müssen sich Vater und Mutter beim Elternurlaub abwechseln.
  • Während des Urlaubs zahlt der Staat den Lohn an den Arbeitgeber, der das Geld dann an die Arbeitnehmer weiterleitet. Diese erhalten 100 Prozent des Lohnes, bis maximal 6700 Franken. Bei höheren Löhnen ist es Sache des Unternehmens, zu entscheiden, ob dieser Betrag aufgestockt werden soll, was die meisten Unternehmen tun.

Mittel zur Frauenförderung

In Norwegen wird Elternurlaub als Karriereförderung von Frauen angesehen. Diese Politik wird von allen Parteien und der Wirtschaft unterstützt. «Für Unternehmen ist dies die Garantie, dass wir alle Talente nutzen», sagt Anne Louise Aruun Bye, Dossierverantwortliche beim Arbeitgeberverband NHO.

Die Bedingungen des Elternurlaubs sorgen jedoch für Diskussionen. Norwegen führte 1993 die Idee einer «Vaterquote» ein: Wenn der Mann die für ihn reservierten Wochen nicht bezieht, sind die Wochen für die ganze Familie verloren. Die Idee dahinter: Die Männer sollen einen Anreiz haben, ihren Anteil zu beziehen. Denn sie neigten früher dazu, den gesamten Elternurlaub der Frau zu überlassen.

Bezahlter Vaterschaftsurlaub in den Nachbarländern

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  • Europäische Union

Viele EU-Staaten gewähren bereits heute Vaterschaftsurlaube zwischen einem Tag und mehreren Wochen. Künftig werden es in der ganzen Union mindestens zwei Wochen sein. Diesen Minimalstandard beschlossen Vertreter der Staaten, der Kommission sowie des EU-Parlaments zu Jahresbeginn. Die Mitgliedsländer müssen nun die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen.

  • Deutschland

Beiden Eltern steht gemeinsam während insgesamt 14 Monaten Elterngeld zu. Diese Zeit können sie frei untereinander aufteilen. Eltern mit höheren Einkommen erhalten 65 Prozent (maximal 1800 Euro), Eltern mit niedrigeren Einkommen bis zu 100 Prozent (mindestens 300 Euro) ihres Nettolohns. Darüber hinaus geniesst jeweils einer der beiden Elternteile während total 22 weiteren Monaten unbezahlter Elternzeit Kündigungsschutz.

  • Österreich

Väter haben Anspruch auf einen Monat unbezahlten Vaterschaftsurlaub, während dem sie einen sogenannten Familienzeitbonus von rund 700 Euro erhalten. Unabhängig von der Betreuungszeit bekommen Familien während 36 Monaten Kinderbetreuungsgeld von pauschal maximal 34 Euro pro Tag, (abhängig von der Bezugsdauer) oder lohnabhängig maximal 66 Euro pro Tag. Bis zum zweiten Geburtstag des Kindes geniesst darüber hinaus jeweils einer der beiden Elternteile während unbezahltem Urlaub Kündigungsschutz.

  • Frankreich

Väter haben Anspruch auf 3 Tage geburtsbedingte Freistellung sowie zusätzlich insgesamt 11 Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub während vier Monaten ab der Geburt. Dieser Anspruch besteht unabhängig vom Bezug des 16-wöchigen Mutterschaftsurlaubs.

  • Italien

Väter haben Anspruch auf 4 Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub während der ersten 5 Tage ab der Geburt sowie auf weitere 3 Tage, falls die Mutter einem Abzug vom Mutterschaftsurlaub zustimmt. Darüber hinaus haben bis zum 8. Geburtstag des Kindes beide Elternteile gemeinsam Anspruch auf total 11 Monate Elternurlaub, während dem sie 30 Prozent ihres Lohnes erhalten.

Diese Quote für die Väter ist innert weniger Jahre von 5 auf 10 und schliesslich auf 15 Wochen angehoben worden. «Wenn Sie Männern 5 Wochen Urlaub geben, brauchen sie 5, und wenn Sie ihnen 15 Wochen geben, brauchen sie 15», sagt Anne Louise Aruun Bye.

Kritik an der Vaterquote

Doch die Vaterquote sorgt auch für Kritik. Nina Mikkelson leitet eine Facebook-Gruppe gegen die Quote. «Es gibt Frauen, die länger stillen wollen und Männer, die ihre Karriere nicht unterbrechen wollen. Für uns muss die Elternzeit dem Kind dienen, und sonst niemandem! Sie sollte nicht der Karriereförderung der Frauen dienen.»

Eine Meinung, die Tristan Champion nicht teilt. Der Angestellte eines Grosskonzerns bezog Elternurlaub für sein zweites Kind. «Zuerst wollte ich nicht gehen, meine Frau hatte mich dazu genötigt.» Er liess sich dann aber überzeugen und bereute es nicht.

«An dem Tag, als ich meinen Vaterschaftsurlaub einreichte, war ich nicht schwanger, aber ich hatte einen Kloss im Bauch. Ich hatte Angst, interessante Projekte zu verpassen, dass ein Anderer meinen Platz einnehmen könnte, dass er besser sein könnte als ich. Das sind Ängste, die alle Mütter haben, und sie sollten diese Ängste nicht alleine durchstehen müssen.»

Das Argument, dass es für Norwegen mit seinem Ölreichtum halt leicht sei, einen langen Vaterschaftsurlaub zu finanzieren, lässt Tristan Champion nicht gelten. «Man muss wissen, dass Schweden, Dänemark, Finnland und Island fast dieselbe Politik verfolgen, obwohl sie kein Öl haben.»

«Eine klassische Win-Win-Situation»

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«Bewährt und immer beliebter, so verhält es sich mit den grosszügigen Elternversicherungen in den skandinavischen Ländern. Dabei spielt der Anteil des Vaterschaftsurlaubs eine immer grössere Rolle und liegt derzeit bei 20 bis 35 Prozent der bezogenen Elternurlaubstage. Letztlich handelt es sich um eine klassische Win-Win-Situation, auch für die Wirtschaft, die auf eine breitere Erwerbsbevölkerung zählen kann.»

Bruno Kaufmann, SRF-Skandinavien-Korrespondent

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