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Wallfahrt nach Mekka Hitzeschutz beim Hadsch: Was brachten die neuen Massnahmen?

Die saudischen Behörden haben Massnahmen gegen Hitzetote beim Hadsch gesorgt – was es genützt hat.

Die traditionelle Pilgerreise Hadsch ist am Montag nach fünf Tagen zu Ende gegangen. Rund 1.6 Millionen Muslime sind nach Mekka in Saudi-Arabien gereist. Anders als in früheren Jahren gab es 2025 viel mehr Schattenplätze und Möglichkeiten, sich abzukühlen. Neugepflanzte, Bäume, Sonnendächer und Wassernebel haben dafür gesorgt. Der Grund: Letztes Jahr sind mindestens 1300 Menschen wegen der Hitze ums Leben gekommen. Meret Michel zieht Bilanz.

Meret Michel

Freie Journalistin

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Die freie Journalistin Meret Michel lebt in Beirut und berichtet für deutschsprachige Medien über den arabischen Nahen Osten. Ihr Fokus liegt auf den Ländern Libanon, Syrien und Irak. Sie hat Politikwissenschaften in Zürich und Hamburg studiert.

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SRF News: Wie haben die Massnahmen der saudischen Behörden gewirkt?
Meret Michel: Sie scheinen insofern gewirkt zu haben, dass sich die Katastrophe vom letzten Jahr nicht wiederholt hat. Es gibt zwar bisher noch keine offiziellen Zahlen der saudischen Behörden, wie viele Menschen doch der Hitze erlagen. Was man weiss, ist, dass die iranische Nachrichtenagentur 13 Iraner gemeldet hat, die offenbar gestorben sind. Grössere Zwischenfälle gab es nicht.

Massnahmen aus Prestigegründen?

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«Die massiven Investitionen in die Infrastruktur, um Hitzetote zu verhindern, sind natürlich auch eine Frage des Rufes für das Königreich», erklärt Meret Michel. Saudi-Arabien setze seit Jahren massiv auf prestigeträchtige Strukturprojekte wie etwa «Neom», eine gigantische Retortenstadt, die in der Wüste gebaut wird. Diese Projekte seien Teil der saudischen Strategie, langfristig nicht mehr von den Einnahmen aus der Erdölförderung abhängig zu sein. «Und wenn ein Land sein Prestige so sehr an gigantische Infrastrukturprojekte hängt, kann die Hadsch, die ja so zentral ist für die Musliminnen und Muslime weltweit, davon nicht ausgenommen werden.» Und vielleicht sei dies auch irgendwie die Tragik am Ganzen, sagt Michel, «dass die Gefahr der Hitze in den nächsten Jahren und Jahrzehnten infolge des Klimawandels vermutlich noch massiv zunehmen wird». Und dass Saudi-Arabien, das ja mit der Erdölförderung reich geworden sei, nun massiv investieren müsse, um dessen Folgen für die muslimischen Pilger wiederum abzufedern.

Die Hadsch, bei der die Pilger oft kilometerweit laufen, war schon immer eine physische Herausforderung, vor allem in den Sommermonaten, wo die Temperaturen in Mekka über 50 Grad steigen. Und vor allem auch, weil viele die Pilgerreise erst in fortgeschrittenem Alter machen. Und ältere Menschen sind bekannterweise anfälliger für die Gefahren der Hitze. Nun verstärkt sich dieses Problem mit dem Klimawandel. Umso wichtiger war es offenbar für die saudischen Behörden, dieses Jahr zu zeigen, dass sie alles unternehmen, um eine so hohe Zahl von Hitzetoten wie letztes Jahr zu verhindern.

Menschen in traditioneller muslimischer Kleidung laufen durch Nebel.
Legende: Sprinkler-Anlagen versprühen Wassernebel, um die Pilgerreisenden zu kühlen. REUTERS/Khaled Abdullah

Eine weitere Massnahme waren hohe Geldstrafen für Pilger und Pilgerinnen, die ohne offizielle Zulassung an der Wallfahrt teilnehmen wollten.

Auch dies sollte letztlich verhindern, dass Menschen auf der Pilgerfahrt der Gefahr der Hitze ausgesetzt sind. Denn letztes Jahr war es offenbar so, dass zumindest nach offiziellen Angaben rund 80 Prozent jener, die infolge der Hitze gestorben sind, nicht mit einer offiziellen Erlaubnis nach Mekka gefahren sind.

Grundpflicht des Islam

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Die Hadsch zählt zu den fünf Grundpflichten im Islam. Alle gläubigen Muslime, die gesund sind und es sich leisten können, sollten einmal im Leben in die für sie heilige Stadt Mekka pilgern.

Man muss wissen: Es gibt ein Quotensystem, bei dem die saudischen Behörden einzelnen Ländern jedes Jahr eine bestimmte Anzahl Visa für die Hadsch zusprechen. Es ist notwendig, die Teilnehmerzahl zu beschränken, um die riesige Zahl von Pilgern überhaupt zu managen, die sich in dieser einen Woche alle an den gleichen heiligen Orten versammeln. Allerdings hat das auch zur Folge, dass manche Menschen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte darauf warten, überhaupt die Hadsch antreten zu können. Und deswegen gibt es viele, die versuchen, ohne offizielles Visum nach Mekka zu reisen. Das Problem ist aber, dass jene, die ohne offizielle Erlaubnis anreisen, keinen Zugang haben zu jener Infrastruktur, die die Leute vor der Hitze schützen sollen, wie etwa die klimatisierten Busse, die zwischen den verschiedenen Wallfahrtsorten hin und her fahren, oder auch die klimatisierten Unterkünfte. Diese nicht registrierten Pilger sind dementsprechend den Gefahren der Hitze stärker ausgesetzt.

Mann schiebt Person in Rollstuhl. Diese hat einen Schirm gegen die Hitze.
Legende: An der Pilgerreise nehmen auch viele ältere Menschen teil. Sie sind anfälliger für die Gefahren der Hitze. Imago

Was hat diese Androhung tatsächlich bewirkt?

Rund 5000 Franken Busse plus eine Einreisesperre von zehn Jahren für jene, die ohne offizielle Erlaubnis erwischt werden. Das ist natürlich drastisch. Was bekannt ist, ist, dass die saudischen Behörden allein bis Sonntag über 250’000 Menschen ohne offizielles Visum davon abgehalten haben, nach Mekka zu gelangen. Wir können aber letztlich nicht wissen, wie viele Menschen sich durch diese Massnahme von einer Reise abschrecken liessen.

In den nächsten Jahren in weniger heissen Monaten

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Der Beginn der Wallfahrt hängt vom Erscheinen der Neumondsichel ab und variiert deshalb von Jahr zu Jahr. In den kommenden Jahren falle der Hadsch in etwas kühlere Jahreszeiten, teilte das saudische Zentrum für Meteorologie mit. Erst in rund 25 Jahren finde die Wallfahrt wieder in den besonders heissen Sommermonaten statt. (sda)

SRF 4 News, 10.6.2025, 6;10 Uhr ; 

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