Zum Inhalt springen

Energie aus Russland Deutsche Regierung übernimmt Kontrolle über Rosneft-Raffinerie

  • In Deutschland übernimmt der Bund die Kontrolle über die ostdeutsche Öl-Raffinerie Schwedt und stellt den russischen Betreiber Rosneft unter Treuhandverwaltung.
  • Unter der Kontrolle der Bundesnetzagentur soll die Raffinerie von russischen Öllieferungen gelöst werden – vor dem Ölembargo, das 2023 in Kraft tritt.
  • Rechtliche Grundlage ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz.

Mit der Treuhandverwaltung gehe man gegen eine Gefahr für die Energiesicherheit vor, teilte das Wirtschaftsministerium am Freitagmorgen mit. Deutschland will ab Jahresende kein russisches Öl mehr verarbeiten, was aber das Geschäftsmodell von Rosneft in Schwedt ist.

In Schwedt endet die Öl-Pipeline Druschba. Von dieser soll die Raffinerie nun gelöst werden, da die Öllieferungen aus Russland jederzeit ausfallen könnten, so das Ministerium. Zur Umstellung auf andere Lieferanten sollen die Hafeninfrastruktur in Rostock und die Pipeline von Rostock nach Schwedt ausgebaut werden. Ausserdem signalisiert Polen Unterstützung für eine Versorgung von Schwedt mit Öl aus Tankern aus dem Hafen in Danzig.

Rosneft gesellt sich zu Gazprom

Deutschland hat über die Bundesnetzagentur bereits die deutschen Töchter von Gazprom unter Treuhandverwaltung gestellt. Grundlage ist auch hier das Energiesicherungsgesetz. Neben dem Mehrheitsanteil an Schwedt übernimmt die Netzagentur so auch die Kontrolle über die Rosneft-Minderheitsanteile der Raffinerien MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg).

Scholz: Entscheidung «zum Schutz unseres Landes»

Box aufklappen Box zuklappen

Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Konzept zur Sicherung der PCK-Raffinerie in Brandenburg als «weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes» bezeichnet. Russland sei kein zuverlässiger Partner mehr, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Die Bundesregierung tue alles dafür, die Versorgung mit Energie und insbesondere mit Erdöl zu sichern.

Laut einem Papier des Wirtschaftsministeriums von Ende August hofft man in Schwedt auf eine Auslastung von mindestens 75 Prozent. Schwedt spielt für die Versorgung von Ostdeutschland mit Benzin und anderen Raffinerieprodukten eine zentrale Rolle. Auch Teile Westpolens werden ebenso wie der Flughafen Berlin-Brandenburg mitversorgt.

Weitere Eskalation im Verhältnis zu Russland

Der Zeitpunkt der Treuhandverwaltung kommt insofern nicht überraschend, als Russland seine Gas-Lieferungen praktisch komplett eingestellt hat. Damit entfällt ein weiterer Grund für eine Rücksichtnahme.

Dennoch ist die Treuhandverwaltung ein weiterer Schritt der Eskalation im Verhältnis zu Russland. In Regierungskreisen hatte es geheissen, auch ein sofortiger Stopp der Öl-Lieferungen müsse in diesem Fall einkalkuliert werden.

Wie geht es weiter?

Box aufklappen Box zuklappen

Offen ist, wer für Rosneft als Betreiber einspringen könnte. Shell als zweitgrösster Anteilseigner will sich eigentlich seit längerem aus der Raffinerie zurückziehen. Interesse hatten Verbio und Enertrag angemeldet, beide aus der Erneuerbaren-Energien-Branche. Sie wollen Schwedt eine Perspektive geben, wenn auf Öl aus Klimaschutzgründen verzichtet wird. Für die Grenzregion zu Polen hat Schwedt als Arbeitgeber für über 3000 direkt und indirekt Beschäftigte eine grosse Bedeutung.

Das Wirtschaftsministerium kündigte bereits an, die Entscheidung werde von einem umfassenden Zukunftspaket begleitet. Damit solle ein Transformationsschub für die Region ausgelöst werden. Dieses Zukunftspaket soll am Freitagmittag von Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke, vorgestellt werden.

SRF 4 News, 16.09.2022, 09:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel