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Entlassung nach 20 Tagen Haft Nicolas Sarkozy frei – nach Joghurt-Diät im Gefängnis

Der berühmteste Gefangene Frankreichs wurde am Montagvormittag per Videoanruf in den Gerichtssaal zugeschaltet. Seine Inhaftierung sei ein Albtraum, der einzig durch das Gefängnispersonal einigermassen erträglich gemacht werde, gab Nicolas Sarkozy zu Protokoll.

Nur ein paar Stunden später der erleichternde Entscheid des Gerichts für Nicolas Sarkozy: Er kann das Gefängnis verlassen und die Zeit bis zum Berufungsprozess nächsten Frühling unter strengen Auflagen zu Hause absitzen.

So darf der ehemalige Staatspräsident das Land nicht verlassen und keinen Kontakt zu den Mitangeklagten haben. Ein Kontaktverbot gilt ausserdem für das Justizministerium und seinen Vorsteher, Gérald Darmanin.

Phänomen Sarkozy – trotz Verurteilung einflussreich

Eine Massnahme, die erstaunen mag, aber symptomatisch ist für den Wirbel um die Verurteilung und Inhaftierung von Nicolas Sarkozy. Nur wenige Tage vor der Inhaftierung empfing Emmanuel Macron seinen Vorvorgänger im Elysée-Palast. Am Tag seiner Inhaftierung warteten Hunderte Menschen vor Sarkozys Anwesen, um ihm ihre Unterstützung zu bekunden. Und kaum war Sarkozy im Gefängnis, besuchte ihn bereits der Chef der französischen Justiz, «um sicherzugehen, dass die Haftbedingungen angemessen sind».

Auch wenn Sarkozy schon neun Jahre kein politisches Amt mehr innehat und seither in mehreren Gerichtsverfahren verurteilt wurde, ist der Einfluss des Ex-Präsidenten im konservativen Lager weiterhin erstaunlich gross. Man erinnere sich: Anfang dieses Jahres war Sarkozy bereits in einer anderen Affäre wegen Korruption zu einer Haftstrafe mit elektronischer Fussfessel verurteilt worden.

Die konservative Polit-Elite distanziert sich trotzdem kaum vom ehemaligen französischen Staatspräsidenten. Die Frage, ob hier nicht eine zu starke Vermischung von Justiz und Politik stattfindet, ist berechtigt. Und das ausdrückliche Kontaktverbot kann folgendermassen ausgelegt werden: Die französische Justiz schliesst nicht aus, dass Sarkozy versuchen könnte, seinen politischen Einfluss in eigener Sache zu nutzen.

Ende der Joghurt-Diät

Ebenfalls fasziniert vom konservativen Ex-Politiker sind die Medien in Frankreich. Fast jeden Tag seit der Inhaftierung wird über Sarkozy berichtet. Zuletzt hiess es, Nicolas Sarkozy würde sich im Gefängnis fast ausschliesslich von Joghurts ernähren. Aus Angst, dass Mithäftlinge in sein Essen spucken würden oder Schlimmeres. Und weil er nicht kochen wolle oder könne.

Aus der Haft entlassen wurde der 70-Jährige natürlich nicht deshalb, sondern weil er Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Eine Aufrechterhaltung der Haft wäre nur möglich, wenn sie das einzige Mittel wäre, um Beweise zu schützen oder um eine Flucht oder Rückfälligkeit des Angeklagten zu verhindern. Und dies sah das Gericht nicht als gegeben. Nach 20 Tagen nimmt die Haft des berühmtesten Gefangenen Frankreichs somit – zumindest vorläufig – ein Ende.

Mirjam Mathis

Frankreich-Korrespondentin

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Mirjam Mathis ist seit 2022 SRF-Korrespondentin in Frankreich (Paris). Zuvor arbeitete sie als Korrespondentin in der Westschweiz und als Redaktorin und Moderatorin beim Regionaljournal Zentralschweiz. Mathis hat in Genf Internationale Beziehungen studiert und einen Master in Journalismus absolviert.

SRF4 News, 10.11.2025, 10 Uhr; sten

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