Der Erwartungsdruck war riesig, doch das Resultat der Rede der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bleibt ernüchternd. Selten wirkte die einflussreichste Frau Burmas so zerbrechlich und unsicher wie heute.
Zwar hat sie die Gewalt im Westen des Landes klar verurteilt und adressierte die Kritik an alle Seiten. Ein kritisches Wort zur Rolle der Armee fehlte aber komplett. Auch zum internationalen Vorwurf der ethnischen Säuberungen schwieg Suu Kyi.
Drückt sich um Anerkennung der Rohingya
Dies macht deutlich, wie wenig Einfluss die Regierungschefin nach 18 Monaten im Amt auf die alte Führungsgarde hat, die nach wie vor das Militär und die Ordnungskräfte kontrolliert.
Auffällig war auch ihre Wortwahl: Wenn immer sie von den Angehörigen der Minderheit der Rohingya sprach, vermied sie deren direkte Bezeichnung. Suu Kyi nannte sie «die Muslime» oder «Bewohner der Rakhine-Provinz».
Auch dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Friedensnobelpreisträgerin weiter darum drückt, die Rohingya als Volksgruppe zu akzeptieren.
Kaum eine Alternative für Flüchtlinge
Wer erwartet hat, dass diese Ansprache dazu führen wird, dass nun die über 400’000 Flüchtlinge aus Bangladesch bedingungslos zurückkehren können, bleibt enttäuscht.
Suu Kyi sprach zwar davon, dass sich die geflüchteten Menschen nun offiziell registrieren lassen könnten, wie diese schwierige Aufgabe für Menschen ohne Papiere und ohne Hab und Gut funktionieren soll, führte sie aber nicht weiter aus.
Spagat für die Menschenrechte
Aung San Suu Kyi unterstrich in ihrer Rede aber auch deutlich, dass sie mit allen Menschen mitfühle, die vom Konflikt in der Rakhine Provinz betroffen seien. Sie versicherte auch, dass ihr Land die Menschenrechte hochhalte und Menschenrechtverletzungen geahndet würden. Suu Kyi versuchte immer wieder den Spagat zu schlagen, zwischen ihrer Rolle als Hüterin der Menschenrechte Burmas und gleichzeitig nicht in Missgunst des Militär-Machtapparates zu fallen.
Feigenblatt für die Armee
Mit ihrer Rede versuchte Suu Kyi fast schon händeringend der Kritik aus dem Westen etwas entgegenzusetzen. Sie zeigte aber gleichzeitig auch deutlich, dass ihr Spielraum im internen Machtkampf nicht sehr gross ist. Sie läuft immer mehr auch Gefahr, zum Feigenblatt der hässlichen Machenschaften der Armee zu verkommen.