Die Türkei zieht die Schraube für unliebsame Berichterstatter aus dem Ausland an: Mehreren langjährigen deutschen Korrespondenten verweigerten die türkischen Behörden die Akkreditierung als Journalist.
Darunter ist auch Thomas Seibert, der für den Berliner «Tagesspiegel» seit mehr als 20 Jahren aus der Türkei berichtete. Er war auch immer wieder in den Infosendungen von Radio SRF zu hören, wenn es um die Türkei ging.
Verunsicherte ausländische Journalisten
«Die Repression gegen Journalisten hat damit eine neue Dimension angenommen», sagt der ARD-Korrespondent für Griechenland, Michael Lehmann. Weil die Kollegen in der Türkei derzeit nicht aus dem Land berichten können, übernehmen er und andere ARD-Kollegen in den umliegenden Ländern die Berichterstattung über türkische Themen.
Die ausländischen Journalisten in der Türkei seien verunsichert ob dem Vorgehen der türkischen Behörden, so Lehmann. Deshalb hätten die meisten Korrespondenten entschieden, vorerst nicht mehr über türkische Themen zu berichten – «bis sie ihre Pressekarte in den Händen halten dürfen». Diese Akkreditierungen müssen jeweils zum Jahresanfang erneuert werden und gelten dann bis Ende Jahr.
Kritische Berichte verhindern
«Das System Erdogan hat in diesem Punkt gewonnen – weil es Unfreiheit erzeugt», so der ARD-Korrespondent in Griechenland weiter. Genau das beabsichtige der türkische Präsident mit der Aktion. Nämlich, dass nicht mehr unliebsam über seine Politik berichtet wird. «Er will kritische Recherchen und Reportagen unterbinden.»
Man müsse befürchten, dass die Verweigerung der Akkreditierungen für die besonders aufmerksamen Reporter eine Strategie der Erdogan-Regierung sei, sagt Lehmann. Es werde das Signal ausgesendet, dass freie und kritische Berichterstatter in der Türkei unerwünscht seien, und diese mit Massnahmen wie der Verweigerung des Presseausweises – und damit auch der Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung – rechnen müssten.
Auswirkungen auf den Tourismus?
Für die Türkei und viele Türken bringe diese Haltung aber auch Nachteile mit sich, ist Lehmann überzeugt. Viele Türken hätten Erdogan «nur mit Bauchweh» an die Spitze ihres Landes gewählt. Sie hätten gehofft, dass es mit ihm wirtschaftlich aufwärts gehe. Dies betreffe beispielsweise viele Türken, die im Tourismus beschäftigt seien. «Sie alle müssen jetzt hoffen, dass das jetzt nur ein böser Ausrutscher war.»